Montag, 11. Juni 2012

Mein Wilhelmsburg (2012)

Die Elb-Insel, das sind nicht nur die Parks und Kanäle, Straßen, Plätze, Büsche+Bäume, Hinter-höfe und Fassaden, sondern auch die Menschen, die dort leben. Einige verbringen einen Großteil des Tages auf der Straße oder sitzen in Parks. + feiern, haben Spaß, vertreiben die Zeit.  Man trifft sie am Kiosk, am Veringkanal, in der Fährstraße.* Diese Menschen sind in der Regel unge-bildet. Das ist heute schon ein Schimpfwort: „Ungebildet“, igitt!.  „Ungebildet“ zu sein kann Nachteile haben, hat aber auch Vorteile. Zumindest den: Nicht einen Ballast, ein Übermaß an Information mit sich herum zu tragen. * Werfen wir einen genaueren Blick auf das Bild: Die Person, die ich collagierte, hat ein Holzbein. Dabei dachte ich an Ian Dury, einen englischen Punker, der vor einigen Jahren starb. „Ian Dury & the Blockheads“ traten u.a. im Stadtpark auf. Ich besaß mal eine LP von diesem munteren, nonkonformen Gesellen. Apropos „nonkonform“. Diese Menschen, die in Wilhelmsburg eine eigene Szene bilden, zersplittert in viele kleine Mini-scenes, sind auch non-konform. Sie machen daraus allerdings kein politisches Programm. Sie sind auch nicht besonders empfänglich für die frommen Sprüche und Parolen unserer Sozial-Arbeiter und Sozialarbeiterinnen, die es in Wilhelmsburg wie Sand am Meer gibt. Mein Mann sagt: „Laß mich in Ruhe mit deinem Scheiß. Siehst du nicht, daß ich gut drauf bin?“ Einige dieser Männer sind auch tätowiert.  Aber mit den Tattoos ist es so eine Sache. Seit jeder Mann und jede Frau sich tätowieren lassen, hat diese Malerei, durch inflationäre Verbreitung, etwas an Besonderheit verloren. Der Mann, den ich collagiere, gehört noch zur alten Garde. 60-er, 70-er Jahre. Ein Rocker, der’n Motorrad-Unfall hatte + nicht mehr so auf Gewalt steht wie früher. Er will Spaß haben und sich von keinem Bürokraten die Laune verderben lassen. * Mein Wilhelmsburg: 21107, Reiherstieg-Nord. Menschen, die mich inspirieren.    *R.S.*  

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