Freitag, 28. Juni 2013

Buch: "Phänomen Drewermann"


Ein Bekannter schenkte mir das Buch „Phänomen Drewermann – Politik und Religion einer Kultfigur“.  Eugen Drewermann war in den 80-er und 90-er Jahren ein viel gelesener, überaus beachteter Schriftsteller und Kritiker der katholischen Kirche. Inzwischen ist es ruhiger um den Mann geworden, der mit zahlreichen Büchern, aber auch öffentlichen Auftritten für Furore sorgte. * Mein erster Eindruck vom Buch der Autoren U.Birnstein und K.-P.Lehmann: Sie gehen systematisch, ja generalstabsmäßig vor, um Drewermann zu zerlegen. Das Wörtchen „Kritik“ ist eine Beschönigung und Untertreibung für das, was hier passiert. In konsequent oberlehrerhafter Manier versuchen die Autoren, den Ketzer und Psychologen Drewermann bloßzustellen. Mit einigem Recht kann dieses Werk als „Sachbuch“ bezeichnet werden. Es geht zwar um einen Menschen, aber der soll mit seinem ganzen Wirken, mit seinen Veröffentlichungen  auf ein fehlerhaftes Etwas reduziert werden. Unzählige Male werden Bibel-Stellen zitiert, um Drewermann der Falschauslegung und Oberflächlichkeit zu bezichtigen. In irgendeinem Buch oder sogar bei öffentlichen Auftritten wetterte Drewermann gegen Schriftgelehrte und Pharisäer – hier hat er seine „Meister“ gefunden. Hier toben sich zwei Schriftge-lehrte aus, um einen von ihnen verachteten Kollegen vorzuführen. Dabei schießen sie m.E. etliche Male weit übers Ziel hinaus, das darin bestünde zu „kritisieren“. Die Verbissenheit, mit der Birnstein und Lehmann ans Werk gehen, ist erstaunlich. Nun ist Kritik eine ganz normale Sache, „demokratische Gepflogenheit“ könnte man sagen. Sie gehört zum Alltag, zumal für Intellektuelle. Oftmals unerfreulich und verletzend für den/die Betroffene/n. Unredlich wird Kritik meines Erachtens, wenn unter dem Deckmantel der Rationalisierung und Besserwisserei Dämonisierung betrieben wird. In dem Kapitel „Weltseele, Vernunftfeindlichkeit, Antijudaismus. Auf den Spuren C.G.Jungs“ (69-80) wird Drewer-mann in die Nähe des Antisemitismus gerückt. Bernstein und Lehmann bezeichnen D. nicht direkt als „Antisemiten“. Dies wäre absurd und ein leicht zu durchschauendes  Manöver. Die beiden Kritiker gehen cleverer und subtiler vor. Sie zitieren D. jeweils so, daß seine Worte in ihr Feindbild-Raster passen, und interpretieren ihn u.a. so, daß er wie ein Verharmloser des Nationalsozialismus dasteht. S. 74: „nicht die jahrhundertealte Judenfeindschaft der Kirche, die den modernen Antisemitismus vorbereitete, der schließlich nach Auschwitz führte, hält er für die „größte Bedrohung für die Fortexistenz der Menschheit“, übrigens auch „nicht die Atombombe, sondern das Aufkommen einer modernen Religionskriegsmentalität zwischen Ost und West und der Rückfall in ein Denken der Intoleranz“. Es gibt keine Hinweise darauf, daß Drewermann irgendwo den Nationalsozialismus verharmlost, mit Rechtsextremen sympathisiert, Antisemitismus gutheißt. Das wissen auch die beiden Autoren. Deshalb belassen sie es dabei, Drewermann in die Nähe davon zu rücken. Wir wissen: Wo Gerüchte erzeugt werden, bleibt etwas hängen. ** Ich bin kein großer Anhänger Drewermanns, im Gegenteil. Ich besuchte ihn einmal in Paderborn und war danach ziemlich desillusioniert. Ich bin aber entsetzt von der bösartigen, perfiden Art, wie hier ein Kirchenkritiker systematisch fertig gemacht wird. Birnstein und Lehmann müssen den Mann aus ganzem Herzen hassen. Oder sind sie nur neidisch auf den Erfolg Drewermanns, eifersüchtig aufgrund seiner großen Anhängerschaft?  Es gibt einiges, was an Drewermann kritisiert werden kann, aber den Schriftsteller zu dämonisieren ist genau der falsche Weg. Von christlichem Geist oder Nächstenliebe zeugt der Verriß eines unliebsamen Außenseiters Jahren ** Ich las vor Jahren das Buch „Die Kleriker“ von Eugen Drewermann und war schwer beeindruckt. Diesen Mut, sich mit einer großen und (über)mächtigen Institution anzulegen, bringen U.B. und KP-L. nicht auf. Sie nehmen einen einzelnen Mann in den Schwitzkasten und hauen drauf.
                                                                                                                            **RS**   

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