Freitag, 1. August 2014

ADS - Arbeitskreis Demokratischer Soldaten

Wie die Zeiten sich ändern: Unter dem Stichwort "ADS" finde ich bei der Internet-Recherche jede Menge Hinweise auf das sog. Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom. Dabei suchte ich Informationen über einen Zusammenschluß von Soldaten. In den 70-er Jahren stand das Kürzel ADS für Arbeitskreis Demokratischer Soldaten. Ich engagierte mich seinerzeit (1973-74), als nicht anerkannter Kriegsdienstverweigerer, in dem Club. Ich weiß nicht, von wem der ADS ins Leben gerufen wurde, aber ich erlebte vor allem DKP-Leute. Auch ein oder zwei KPD-MLer. Den einen traf ich später ein paar mal in Hamburg, die anderen Kontakte verlor ich bald. Die ADS-Treffs in einem Gemeindezentrum in Neugraben oder Hausbruch fanden wöchentlich oder vierzehntägig statt. Ich war politisch extremistisch orientiert, hatte Kontakte zur Hamburger Anarcho-Szene. Die DKP war nicht meine Sache. Aber die Jungs waren solidarisch, kameradschaftlich. Und zuverlässig. Der Höhepunkt meiner politischen Aktivitäten bestand darin, einmal abends vor der Röttiger-Kaserne Flugblätter zu verteilen. Leider verwahrte ich kein Exemplar auf. Ich meine, daß wir auf den ADS hinwiesen und zu unseren regelmäßigen Treffs einluden. Kriegsdienstverweigerer waren die wenigsten. Es ging vor allem darum, zu politisieren, die Kameraden aus ihrer vermeintlichen oder tatsächlichen Lethargie heraus zu reißen, "anti-imperialistische" Politik zu machen. Ich hatte mit den Zielen der DKP und KPD-ML eigentlich nichts am Hut. Mir ging es um Kontakte. Intellektuelle Anregungen. Freundschaften. Nicht ganz allein sein.
Es gelang mir nicht, in der Bundeswehr anhaltende persönliche Bezüge herzustellen, d.h.  Freundschaften aufzubauen und über synergetische Beziehungen mich weiter zu entwickeln. Ich begeisterte mich für antiautoritäre und anarchistische Ideen und litt unter Persönlichkeits-Defiziten. Diese hatten nichts mit der Bundeswehr und dem autoriäten Alltag dort zu tun. Sie resultierten aus meiner Sozialisation und speziell mehreren Horror-Jahren in einem katholischen Jungen-Internat. Für politische Zwecke war ich schlecht zu gebrauchen. Ich durchschaute entsprechende Absichten sofort. Ich war eher religiös - aber entwurzelt. Religiöser Romantiker. Zu intelligent, um Ideologen auf den Leim zu gehen, aber nicht kalt und gewieft genug, um mein "eigenes Ding" zu machen.
Zurück zum Flugblattverteilen. Ich erinnere mich nicht, daß wir bei den folgenden ADS-Treffen neue Kameraden begrüßen konnten. Einer der Flugblattverteiler, ein Panzergrenadier, wurde jedoch unmittelbar nach der Aktion in eine andere Kaserne versetzt. Mein Chef, Major der 1./75 (Panzer-artillerie) war sehr gnädig. Ich musste zum Rapport antreten, der Vorfall kam zu den Akten, aber ich wurde nicht bestraft. Ich galt nicht als Aufrührer. Zwar verweigerte ich mehrmals Befehle, aber ich versuchte nicht, Kameraden zu überreden, ebenfalls den Wehrdienst zu verweigern. Ich hatte und habe Respekt für Leute, die zur Bundeswehr gehen, weil sie zB einen Job suchen. Jeder ist seines Glückes Schmied. Ich versuchte über persönlichen Widerstand gegen die Verhältnisse zu meinem Glück zu gelangen.


Das "Politische" rückte bei mir mit den Jahren in den Hintergrund - dafür wurde KUNST immerr wichtiger. Am besten, schien mir, wären Kreativität und Politik eine Einheit. Ein paar Mal ging ich zu den Ostermärschen in Hamburg. Da waren viele andere in die Jahre gekommene, zunehmend ergraut, Mein Helm sah wild aus, aber ich fühlte mich fremd unter den Demonstranten. Der Privatmensch erlaubte sich einen kleinen Luxus und trat radikal "politisch" auf - dabei langweilten mich politische Diskussionen schon seit langem.
Ginge ich heute wieder mit den persönlichen Problemen, die ich vor über 40 Jahren hatte, zum Psychologen, würde der bei mir wahrscheinlich ADS diagnostizieren, ein Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom. Dazu zählen u.a. Konzentrations-Störungen. Damals jedoch hieß es, als ich mich untersuchen ließ, "psycho-neurotische Leistungs-Funktions-Störung". Klingt doch irgendwie wissenschaftlich, oder?  Wie auch immer - zu einem guten Soldaten taugte ich nicht. Nicht weil die Bundeswehr ein besonders repressives, unmenschlicher Apparat war, sondern weil ich als hypersensible und intelligente Persona unter schweren Anpassungs-Prtoblemen litt. 
Ich dachte in hochkomplexen Strukturen, war "sprachkritisch" und "ideologie-kritisch" usw. 
Aber einfache Dinge kriegte ich nicht auf die Reihe. Mir war jedoch wichtig, mich mit "einfach gestrickten" Menschen gut zu verstehen. Das ist bis heute so. 

Ich finde kein Foto o.ä, das meine 70-er Jahre Bundeswehr- und ADS-Aktivitäten illustrierte, aber ich habe ein paar Blätter aus meiner Schulzeit aufbewahrt. Ich kritzelte während des Unterrichtes überall herum, war ständig mit meinen Gedanken anderswo, lenkte mich permanent ab, ließ in meinem Kopf Pop-Lieder abspulen, während der Mathe-Lehrer irgendwelche Formeln an die Tafel schrieb usw. - Damals fing ich an "nervös" zu werden --- 
                                                                                                                                                 *RS*

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