Vor
einigen Tagen postete ich einen Kommentar zu einem Buch über den
Kirchen-Kritiker Eugen Drewermann. Die Problematik und die Themen, um die es
geht, sind so komplex, daß sie in einem Post nur angedeutet werden können. *
Als Nachtrag zu meinen Anmerkungen (28.6.) möchte ich betonen: Jeder Mensch, egal welcher
Hautfarbe, welchen Alters, egal ob männlich oder weiblich, egal welcher
Nationalität und Konfession, hat das Recht, sich zurückzuziehen, sich „unpolitisch“
zu verhalten. Die gegen Drewermann gerichteten massiven Vorwürfe der Autoren U.Birnstein
und KP Lehman, betreffen nicht allein die angeblich oder
tatsächlich falsche Auslegung der Bibel. Die beiden Schriftgelehrten werfen
Drewermann vor, daß er Theologie durch Psychologie ersetze, daß er gegen
Politik predige bzw. argumentiere, und an deren Stelle Innerlichkeit propagiere, d.h. Schau und Rückzug nach innen. * Als Künstler sage ich: JA.
Dieser Rückzug ist erlaubt. Er kann sogar notwen-dig werden, wenn psychische
Probleme und Ängste überhand nehmen und den/die Betreffende/n krank
machen. Die Forderung, sich stets „politisch“ zu verhalten, ist m.E.
fragwürdig und in der Lebens-Praxis, im Alltag auch nicht bis in letzte
Konsequenz zu realisieren – von seltenen Ausnahmen mal abgesehen, Menschen die
von sich behaupten, immer und überall „politisch“ zu sein. * Drewermann geht, realistisch wie ich meine, in seinem Buch „Die Kleriker“ davon aus,
daß viele Angehörige der katholischen
Geistlichkeit (Priester, Nonnen, Kapläne, Pater usw.) ihre Gefolgsamkeit unter die strengen Regeln und Moralvorstellungen der Kirche damit
bezahlen, daß sie Ängste und Unzufriedenheit unterdrücken und sich
„freiwillig“ unterordnen – aus tief sitzender Unsicherheit, Angst allein zu
sein, Schuldgefühlen usw. Statt sich damit offen und ehrlich auseinander zu
setzen wird die Problematik in der katholischen Kirche totgeschwiegen und
vertuscht. Als Beispiel postete ich am 12.11. über den Selbstmord meines damaligen
Religions-Lehrers, eines katholischen Geistlichen (Collegium Augustinianum, Internat). Dieses tragische Ereignis
war ein Einzelfall, nicht unbedingt typisch für die Situation von Klerikalen,
aber: Dieser „Freitod“ passierte tatsächlich, und seitens der Kirche gab es
keine erkennbaren Versuche dem Menschen gerecht zu werden und die Motive für
seine Tat aufzuklären. Selbstmord ist ein Extrem. Es gibt aber viele andere
Fälle von Menschen, die sich, hervorgerufen durch kirchliche Verordnungen und
Gesetze, in Zwangssituationen befinden, die einer Therapie oder zumindest eines
vorsichtigen Umgangs mit bestimmter Problematik bedürften. Un-abhängig von diesem speziellen Fall gibt es auch positive Beispiele von Leben in katholischer Ge-meinschaft. * Was ich auf katholische Geistliche
beziehe, gilt auch für Politiker. Jeder Mensch hat das
Recht, sich zurückzuziehen, „aus der Öffentlichkeit“, wenn er spürt, daß ihm
seine politische oder welche Arbeit auch immer nicht gut tut, er Schaden an
seiner Seele nimmt. ** „Innerlichkeit“ bedeutet für mich, Kreativität,
Phantasie und Verstand zu pflegen, sich zu beobachten, Angriffsflächen zu vermeiden,
inneren Regeln zu folgen, sich selbst zu lieben – versuchen sich selbst zu
lieben. Inneren Frieden finden. *
Menschen, die sich SO verhalten, also nach innen kehren, sind nicht so leicht
zu kontrollieren wie jene, die nach außen gerichtet sind und sich „politisch“
verhalten. Auch unter diesem Blickwinkel sind die teils bösartigen Invektiven gegen Dr. zu verstehen. * Man darf sich nicht
ein-schüchtern lassen. Manchmal ist es richtig, nicht den Regeln und
Normen der Politik zu folgen, sondern bei sich zu bleiben. Drewermann zieht bzw. zog deshalb
viel Haß und Häme auf sich, weil es ihm gelang, öffentlich zu sein, aber nicht nach den unterschiedlichen Pfeifen
der politischen Lager zu tanzen. **RS**
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