Der
Roman erschien bereits 1998. Nachdem ich kürzlich einen Lesungsausschnitt
(1996) mit dem Autor veröffentlichte, besorgte ich mir nun das Buch „Angst
sucht Hase“. * Das Debüt des 1970 Geborenen ist sehr
kraftvoll und voller Spannung-en. In immer wieder neuen Anläufen dreht sich
Ich-Erzähler Klausner (Anm.: Kai D.
gab ein gleichnamiges Fanzine heraus) um die eigene Achse, um dem Leser seine
Befindlichkeiten, physische wie psychische Zustände mitzuteilen. Es hat etwas
von der Qualität von Sekundenfilmen, künstlerisch gestaltet und auf
Breitwandformat gebracht. Das ist ziemlich schnörkellos geschrieben. Hart,
rücksichtslos –auch gegen sich selber- und heftig. Klausner lebt –wie sich das
für einen ambitionierten Literaten gehört- ziemlich isoliert. „Ziemlich“
bedeutet: Ohne feste Freundin, aber doch bisweilen schwerst verliebt, mit eher
losen Kontakten zu diversen ehemaligen Schulkameraden und Kumpels. Echte
Freunde scheinen sie nicht zu sein – oder doch? Der Autor läßt jedenfalls mehr
als einmal Szenen einfließen, in denen er sich als Loser darstellt, als einen,
der wenn es darauf ankommt, allein dasteht. Selbstmitleid erlaubt sich der Held
jedoch nicht, zumindest dauerhaft läßt er Schwächezustände nicht zu. Von seiner
Haltung her, denke ich beim Lesen, ist der Autor hochromantisch; auch das
Etikett „Sturm und Drang“ passt wie angegossen. Eigentümlich für den
„Sturm und Drang“, zu dessen Vertretern u.a. der frühe Goethe gehörte, war,
neben der Heftigkeit und Radikalität,
mit der Themen behandelt wurden, ein Genie-Kult. Allerdings lebt der
Ich-Erzähler Klausner nicht in vergangenen Zeiten, sondern durch und durch im
Hier & Jetzt. In Hamburg. Die Radikalität und Rücksichtslosigkeit des
Erzählers Klausner machen ihn mir äußerst sympathisch. Ein Held in einer Zeit,
die literarisch eher von dem ausgeleierten Topos des Anti-Helden zehrt. Ich
lese und lese, aber mit zunehmender Dauer melden sich Zweifel. Radikale Subjektivität, Härte, existentielle
Zustände: JA ... Aber mir fällt auf, daß der Erzähler immer wieder von der
„Ich“-Position zum „wir“ und zu „man“ wechselt. Das ist erstaunlich, wo er doch ursprünglich, so schien mir,
auf unver-wechselbare Persönlichkeit, Authentizität, Einmaligkeit setzte. Wurde
ihm „die Luft da oben“ (so ganz allein!) zu dünn, kam er deshalb auf die fatale
Idee, zunehmend anekdotenhaft zu werden und Identifikationsmuster anzubieten? Was
interessiert mich, was „man“ denkt? Das finde ich im SPIEGEL oder in der
BILD-Zeitung. Gegen Ende der Aufzeichnungen wird der „Lindenstraße“-TV-Serie und dem Kult darum eine mehrseitige Passage
gewidmet, da wird’s total kitschig und unglaubwürdig – gemessen an der
Radikalität und der Punk-Haltung, die Klausner für sich beansprucht. Der
ur-sprüngliche Impuls, mit dem
Klausner sich schreibend bewegt, ist total richtig, nämlich: Allem, vor allem
sich selber, auf den Grund zu gehen. Aber der Autor hats m.E. nicht durchgehalten.
Über literarische Vorlieben, Lieblings-Autoren etc. läßt Damkowski fast nichts
in seinen Roman einfließen, aber auf Seite 272 kommt er plötzlich mit Celan.
S. 272: „... c’est la vie, aber
jetzt seid ihr ja doch noch angekommen. C’est la was? Celan, Paul: Die
Todesfuge. Das erinnert mich an meine
Arbeit im Bücherversand damals, wirklich schlecht bezahlt, ich habe im Lager
gearbeite, wobei man da nicht zu sehr an Celan denken sollte, es war ein
Bücherlage und ich habe mir ohnehin eher Celine gegriffen.“ Wie Damkowski
hier, quasi nebenbei, Celan und Celine in sein Werk einbaut, ist mir zu
lässig. Ich bin enttäuscht. *
Vielleicht hätte das Buch früher enden sollen, statt 275 Seiten nur 200. Als
„Fragment“ wäre es immer noch ein sehr starkes Debüt gewesen. * Verlag Jens Neumann, 291 Seiten, isbn 3-930559-43-9
RS Lesungsmitschnitt auf You Tube:
RS Lesungsmitschnitt auf You Tube:
http://www.youtube.com/watch?v=UV8s0ikojzU&feature=c4-overview&list=UUS2IKJSjevCTcThKs0eSHsg
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