Samstag, 29. März 2014

Auf Facebook posten

Auf dem Bildschirm vor mir die italienische Facebook-Seite Io AnarchicO. Der Betreiber ist offen- bar in einer mir sympathischen Weise politisch und, wie ich beim Scrollen der Seite sehe, wohl auch Künstler, zumindest kreativ. Mit einem Mausklick öffne ich "Nachricht senden", tippe in holprigem Italienisch ein paar Zeilen, füge mit weiteren Klicks die Zeichnung "lichterloh" hinzu und schicke das Ganze los, indem ich auf senden klicke. Als nächstes gehe ich auf ein freies Feld, das ebenfalls zum Schreiben einlädt, verfasse erneut einen Kurz-Text und füge diesmal einen Film hinzu: "Hommage an Bakunin".  Das Ganze hat 3-4 Minuten gedauert, was relativ lang ist, da ich ein paar Worte im Wörterbuch nachschlagen musste. Nun klicke ich auf das Kästchen Gefällt mir, das dadurch zu Gefällt dir wird. Im nächsten Augenblick werden 6 quadratische  Kästchen angezeigt, die jedes für eine weitere Facebook-Seite stehen, die thematisch zu der bereits geöffneten passen. Nun gehe ich auf die in einem der Kästchen angezeigte Seite Oltre la Utopia, in deutsch "Über die Utopie hinaus". Auch auf dieser Seite finde ich eine spannende Verbindung von Kreativität und anarchistischer Thematik. Wieder sende ich eine Zeichnung und den Film "Hommage an Bakunin". *** Seit ca. drei Monaten poste ich regelmäßig und manchmal stundenlang Bilder und Videos auf andere Facebook-Seiten. Mein Fundus an eigenen Filmen und Bildern ist groß - manchmal fällt die Auswahl schwer. Ich gehe auch auf völlig unpolitische Seiten, zB Auto-Reklamen, oder auf Nahrungsmittel-Seiten. Dorthin schicke ich gerne meinen Fliegen-Film - und setze auf den Überraschungs-Effekt. Und siehe da: Der Film wird gesehen (angeklickt). Positiv bewertet, aber auch negativ. Das gehört dazu. Du musst mit allem rechnen! Auch mit bösen, abweisenden Kommentaren. That's democracy! Man entwickelt eine unsentimentale Härte, um bestimmte Dinge zu ertragen, zB "Das ist ein Scheiß-dreck!" bekam ich schon ein paar Mal als Antwort. Positive Kommentare überwiegen aber bei Weitem. Viele Betreiber anderer Seiten antworten oder reagieren garnicht, was ich aber verstehen kann. Sie bekommen eine Menge Zusendungen. Und meine müssen nicht unbedingt die interes-santesten sein. ** Manchmal verschicke ich Videos wie am Fließband - auf You Tube kann ich dann sehen, ob sie angeklickt wurden. Erfolge verschaffen mir Kicks, klaro, natürlich motiviert es, Zustimmung zu finden. * Als Künstler ist mir Qualität sehr wichtig. Wirklich beeinflussen kann ich nur meine eigene Qualität. Dies ist ein sehr sehr lang dauernder Prozeß, er geht über Jahre. Anders als Perfektionisten, die zB ein halbes Jahr lang an einem Film arbeiten, hoch professionelles Equipment verwenden und auch in Darstellung und Schnitt erste Klasse sind, drehe ich Filme oft in kürzester Zeit. An einem Tag. Mir macht es riesigen Spaß + ich möchte meine Produkte unters Volk bringen - wobei mir Thomas in technischer Hinsicht sehr hilft. Learning by doing ist ein Schlagwort, das auf meine Art zu produzieren zutrifft. *** Manchmal verweile ich auch länger auf einzelnen Facebook-Seiten. Es gibt da ganz großartige, toll gemachte Seiten, deren Betreiber Witz, Intelligenz und Originalität zeigen. Facebook Rockstah fällt mir spontan als positives Beispiel ein. Ich war bestimmt schon auf 100 anderen Seiten, die ich super-gut fand/finde. Auch mit Ironie kann ich einiges anfangen - man muß allerdings damit rechnen, daß manche Betrachter nicht darauf kommen, daß ich etwas ironisch meine. Sie nehmen für bare Münze, was ich mit Hintersinn produziere und behaupte. *** Facebook ist für mich eine Art Schlaraffenland - ich wüsste nicht, wo ich in relativ kurzer Zeit so viel Unterschiedliches sehen + Reaktionen erfahren kann. Meine anfängliche Skepsis ist einer fast uneingeschränkten Zustimmung gewichen. Na klaro gibt es negative Beispiele, wie die Macht von Facebook-Usern genutzt werden kann - aber so ist nun mal eine offene Gesellschaft. Als Kritik, gerade aus linken Kreisen, höre und lese ich immer wieder, daß von Facebook Kontrollmacht ausgeübt werde (Verbindung zu Geheimdiensten etc.). Dazu kann ich nur sagen: Jede/r kann und soll selbst entscheiden, was und bis in welche Details er/sie etwas veröffentlicht, preisgibt. Ausgehorcht und überwacht werden kann ich auch ohne Facebook. Ohne Facebook habe ich allerdings auch nicht die beinahe unbeschränkten Möglichkeiten zu publizieren. Als Künstler bin ich darauf angewiesen. 
 

                                          RAiMUND SAmSoN
 

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