Montag, 16. Mai 2011

w.i.r. Mai-Juni


Wieder 32 prall gefüllt mit Berichten, Veranstaltungshinweisen, Leserbriefen u.a. Die Titel-Story behandelt von den Norddeutschen Ölwerken (NOW) ausgehende Geruchsbelästigungen. Seit Jahren schwelt hier ein Streit, der u.a. schon zu Strafanzeigen führte, ohne daß sich grundlegend etwas änderte. * Breiten Raum nimmt auch die Berichterstattung über die igs ein. In Folge der Umbaumaßnahmen sind riesige Areale für die Bevölkerung nicht mehr zugänglich. Das Bundesverfassungsgericht fällte kürzlich ein Grundsatzurteil, das (theoretisch) für von der "öffentlichen Hand" beherrschte Flächen ein Recht auf Demonstration, Meinungsfreiheit, Verteilen von Flug-blättern u.a. vorsieht. Inwieweit dies auch auf die besagten Flächen zutrifft, wird sich zeigen. Der Autor, Michael Rotschuh, drückt seine Kritik diplomatisch aus. In der Einschätzung des igs-Geschäftsführers "Auch unser Park war ein verloren gegangener öffent-licher Raum: eine zugewachsene, in weiten Teilen unzugängliche Grünfläche mitten in der Stadt..." sieht er einen Irrtum. Ich halte die Formulierung eher für eine krasse Unver-frorenheit. Herr Baumgarten wohnt nicht auf der Elb-Insel, maßt sich aber an, im Namen der Einheimischen ("unser" Park) zu sprechen. Gerade daß der Menge-Park zu einem geringen Teil auch "zugewachsen" war, machte ihn attraktiv. Ich saß häufig dort und zeichnete. Ich brauche keine sterilen, auf dem Reißbrett entworfene Blumen-Rabatte und nach DIN-Norm ange-pflanzte Busch- und Baum-Reihen. Auf präzise Sicht-Achsen angelegte Show-Flora mag ideal für die Überwachung von Überwachungs-Kameras sein. Der Erholungs-Charakter wird durch die von der igs vorgenommenen Standardisierungen eher gemindert. Im alten Park gab es unscheinbare, bezaubernde Orte. Ich konnte ungestört auf Entdeckungsreise gehen. Nun geht es darum, zahlende Besucher-Massen mit der Nase darauf zu stoßen, was Hamburg mal wieder für ein dolles Ding hinsetzt. Es geht um die Kommerzialisierung von "Natur"-Erleben. Aber wie heißt es doch: "Geld stinkt nicht." * Weitere interessante Berichte über Probleme hiesiger Kiosk-Inhaber, ein Schul-Projekt, das sich mit der Reaktor-Katastrophe in Japan befasst u.a. Unter "Kultur" gibt es Hinweise auf Festivals, Musik-Veranstaltungen, die Soulkitchen-Halle, das Elbinsel-Museum, den "Club der lebenden Dichter" etcetc. Ich habe einen etwas anderen Kultur-Begriff. Gerade die Aktivitäten der IBA und igs haben mit Kultur zu tun; Häuserbau und Anlegen von Parks, nach welchen Standards und Normen auch immer, sind nicht ein marginaler Teil-Bereich, sondern geradezu Inbegriff von Kultur. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, daß bestimmte Vorhaben jenseits von Kritik bzw. "Gut und Böse" stehen. Genau über diese Schiene aber versuchen sich igs- und IBA-Betreiber aus der Verantwortung zu mogeln. Sie tun so, als stünden sie über den Dingen bzw. über großen Teilen der einheimischen Bevölkerung. SEit 2007 vermisse ich auch nur den leisesten Hauch von Selbstkritik. Statt dessen kommt regelmäßig das Sandmännchen. Die Veranstaltungen nennen sich "Bürgerdialog". * Der w.i.r. ist die einzige größere, regelmäßig erscheinende Publikation auf den Elb-Inseln, die IBA- und igs-Projekte kritisch hinterfragt. Ich kann nur hoffen, daß der w.i.r. sich nicht den Schneid nehmen läßt. Daß auch weiterhin Argumente auf den Tisch gepackt werden, überprüfbare Fak-ten und Berichte. Es gilt zu veranschaulichen, daß Gentrifizierung nicht ein natürlicher Vorgang ist, sondern u.a. durch massive Beeinflussung der "Öffentlichen Meinung", Einschüchterung und Ausgrenzung der Gegner (bzw. Lächerlichmachen) ermöglicht wird. Wir brauchen noch mehr GEGEN-ÖFFENTLICHKEIT. *R.S.*

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