Die bekanntesten Theaterstücke des amerikanischen
Dramatikers und Schriftstellers (1911-1983) sind „Endstation
Sehnsucht“, „Die Katze auf dem heißen Blechdach“, „Die tätowierte Rose“ und
„Die Nacht des Leguan“ – an diese Titel
erinnere ich mich. Einige der Stücke wurden auch erfolgreich verfilmt, mit
internationalen Stars wie Elisabeth
Taylor, Paul Newman, Montgomery Clift, Anna Magnani. Tennessee Williams war so etwas wie ein Inbegriff – jeder "kannte" ihn, seine Stücke ... aber kannte ihn nicht wirklich, da das Bild des Künstlers durch die Medien arg verzerrt
oder reduziert wurde. Der Schriftsteller ist aus den Schlagzeilen, ja aus dem
Gedächtnis der meisten Zeitgenossen verschwunden – zu Unrecht, finde ich. Die
1972 er-schienenen „Memoiren“ sind rückhaltlos ehrlich –angefangen bei dem
Geständnis des Autors, daß er sie „aus
finanziellen Gründen“ schrieb. Erst fand ich seine Plauderei ziemlich
„ober-flächlich“, was mich in dem Bild bestätigte, das ich von T.W. hatte. Dann
war ich lesend zuneh-mend fasziniert. Es
ging mir nicht wie mit vielen
Büchern, die mich, selbst wenn ich sie ir-gendwie „großartig“ und „gut
geschrieben“ finde, spätestens nach zwei Dritteln zu langweilen beginnen. T.W.
beschreibt die Höhen und Tiefen seines Lebens, vor allem letztere, er lebt sie für mich, den Leser. Er will
nicht irgendwelchen Bildern entsprechen, die andere von ihm haben, sondern will
etwas mit-teilen. Und tut dies auf spannende Weise. S. 8: „Es gelingt mir nie gut, meine Gefühle zu verbergen, und nach einigen
Minuten gab ich es endgültig auf, weniger niedergeschlagen zu erscheinen, als
ich es war. Ich redete. Ich riß all diese müden abgestandenen Witze, so ähnlich
wie Bop Hopeless in einem Gefangenenlager nach einem verlorenen Krieg“. TW
läßt immer wieder sehr tief blicken: „Lachen war für mich schon immer ein Ersatz
für Klagen, und ich lache so laut, wie ich klagen würde, wenn ich diesen so
brauchbaren Ersatz nicht entdeckt hätte“. In diesem Buch wird viel gelacht,
aber auch viel tatsächlich geklagt,
und ich langweile mich in keiner Phase beim Lesen. Der Autor hat mich gewonnen.
Durch seine Glaub-würdigkeit, durch seine Lebendigkeit. Und durch die vielen
schwulen und nicht-schwulen Freunde und Bekannten, die er hatte. Die Memoiren sind u.a. ein kleines who i who der amerikanischen
Schwulen-Szene. S.111: „Ich bin nicht wirklich ein Misanthrop oder
Sauertopf, sondern eigentlich ein Clown, ein fast zwanghafter Komödiant in
meinem Verhalten Menschen gegenüber“. Tiefe gewinnen die Aufzeichnungen
u.a. durch die Beschreibung des Verhältnisses, das er zu seiner Mutter und
seiner (in einer Irrenanstalt untergebrachten) Schwester Rose hatte. S. 151: „Ich befürchte, daß meine liebe Mutter mir
zuzeiten als lebenslange Hysterikerin, die notdürftig die Kontrolle über sich
behält, erschienen ist. In ihrer Familie ... hat er höchst beunruhigende Fälle
von geistigen und nervösen Zusammen-brüchen gegeben“. TW hat, bei aller ein
gestandenen Oberflächlichkeit seines Rollenver-haltens, einen sehr
differenzierten Blick auf die Menschen, darunter auch viele Künstler. Manche
Sätze streiche ich im Buch an, z.B. S. 160: „Künstler
müssen, was ihre schöpferische Arbeit angeht, egozentrisch sein“. – Ziemlich
zu Beginn schreibt TW über seine Schüchternheit sein Erröten, das ihn als
Heranwachsender jahrelang hemmte. Leider geht er auf dieses Thema später nicht
wieder ein. Mich hätte –und sei es nur in ein zwei Sätzen- interessiert, wie er
dieses Problem für sich löste – oder verschwand es einfach mit zunehmendem
Alter „von selber“? Und noch ein Zitat, S. 184; „’ „Alle große Kunst ist Indiskretion’. Nun, ich kann Ihnen nicht
versprechen, daß dieses Buch ‚Kunst’ wird – daß es indiskret ist, läßt sich
nicht vermeiden, da es sich mit meinem Leben als Erwachsener beschäftigt“. ** Fischer Verlag, 328 lesenswerte
Seiten; ich fand das Taschenbuchuch im Bücherregal des 12-er Busses in
Bergedorf. *RS*
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen