Wer von der S-Bahn Veddel in die Harburger Chaussee einbiegt, wird von meterhohen Parolen begrüßt: "VIVA ZOMIA" und "GEGENGESETZ GEN DIE HETZE - FÜR MEHR BAUWAGENPLÄTZE". Seit ein paar Monaten lebt eine Gruppe von Bauwagenbewohnern auf der Elb-Insel. Nach mehreren Umzügen landete sie auf einem Brachgelände zwischen Schlenzigstraße und Vogelhüttendeich. Bis Ende April handelten die Männer und Frauen ein Bleiberecht aus. Wer sind diese Leute? Die aggressiven Parolen gehen mir auf die Nerven. Wer mehr Bauwagenplätze fordert und sich gleichzeitig über Hetze beklagt, kommt nicht in friedlicher Absicht. * Ich fotografierte die Parolen und spazierte einen Kilometer weiter, um mir die Wagensiedlung anzuschauen und mit den Bewohnern zu reden. Kein Mensch war zu sehen Ich klopfte an einen Wagen, aus dessem Schornstein Rauch kam - nichts rührte sich. Doch dann - aus einem anderen Wagen kam eine junge Frau, die einem Gespräch nicht abgeneigt schien. Sie heißt Steff (ohne i), arbeitet als Krankenschwester im UKE. Sie stand vorher mit ihrem Wagen in Lüneburg, wo der Platz jedoch aufgelöst wurde. Ich hielt ihr vor, daß mich die aggressiven Parolen stören. Sie sagte, sie seien nicht von ihnen. Offenbar stammten sie von "Sympathisanten". Ich erwiderte, daß diese Leute Zomia mit solchen Spray-Aktionen schadeten. - Ich erfuhr noch: Anfang Februar lädt die Wagensiedlung Wilhelmsburger Anwohnerinnen und andere Interessierte/Neugierige zum Kennenlernen ein. *
In der Jan/Febr-Ausgabe des Wilhelmsburger Insel-Rundblick (w.i.r.) erschien gerade ein Artikel, der sich kritisch mit ZOMIA befasst. Ich lese: "Für unseren Stadtteil finde ich es mittlerweile sinnvoll, sich nicht für jeden Neuzugang offen zu zeigen." Schreibt hier eine Alteingesessene, eine Wilhelmsburger "Ureinwohnerin"? Eine 70- oder 80-jährige Dame, die sich durch wildes Wohnwagen-Leben gestört fühlt? Mitnichten. Die Autorin heißt Katrin Milan und ist gerade mal halb so alt. Und: Sie wohnt selber in einem Bauwagen - mit Sondergenehmigung und, soviel ich weiß, mietfrei. Seit 5 oder 6 Jahren. Sie war es, die den ZOMIA-Leuten überhaupt zum ersten Stellplatz im Stadtteil verhalf. Bei der weiteren Lektüre des Milan-Rundflugs traue ich meinen Augen nicht: "ich empfinde die Vorgehensweise dieser Gruppe als egozentrisch und strategisch" heißt es da. *
Ich lernte diese Frau, die sich selber "Kunstnomadin" nennt, vor ca. 5 Jahren kennen. Da ich eine Ader für Sozialromantik habe, lud ich sie ein, bei einem Puppenspiel-Workshop in einer Schule mitzumachen. Die Gage in Höhe von 300 € teilte ich mit ihr. Für einige Wochen später verabredeten wir uns zu einem Puppenspiel im Rahmen einer Kunstbüro-Veranstaltung. Dort wollte ein Junge mitspielen, den wir beide vom Workshop kannten. Die Milan kam anderthalb Stunden zu spät - für ihren Part musste, in einer total chaotischen und stressigen Situation, die Oma des Jungen einspringen. Katrin entschuldigte sich nicht etwa, sondern nutzte die Gelegenheit, um von sich zu erzählen und Info-Blätter zu verteilen. Dann verschwand sie wieder, ohne sich für das Rest-Programm zu interessieren. Am nächsten Abend platzte sie in eine weitere Kunstbüro-Veranstaltung in der Buchhandlung Lüdemann, erzählte wieder etwas, hinterließ Flyer - und weg war sie. Inzwischen hatte ich jedes Interesse an einer wie auch immer gearteten Koop mit der Milan verloren - aber einmal tauchte sie doch noch bei einer Veranstaltung auf, nämlich bei einer Vernissage der "Wilhelmsburger Busgalerie". Erst machte sie meine Freundin blöde von der Seite an, dann meinte sie anmerken zu sollen, daß wir für das "Busgalerie"-Projekt doch "reichlich Gelder" bekommen hätten. Neidisch war sie also auch noch. Zum Glück verschwand sie bald darauf - nicht ohne ihre Zettel zu hinterlassen. *
Diese Erlebnisse gingen mir beim Lesen des Milan-Artikels wieder durch den Kopf. Eine Frau nutzt Veranstaltungen, um für sich Reklame zu machen - ohne Sensibilität für das eigentliche Geschehen, in das sie hineinplatzt. Daß ausgerechnet diese Person bei Anderen egozentrisches und strategisches Verhalten kritisiert, ist kaum zu glauben. *
Zurück zu ZOMIA. Natürlich frage ich mich: Was habe ich mit diesen Leuten zu tun, die so viel Aufmerksamkeit erfahren? Weshalb kommen sie ausgerechnet in diesen Stadtteil? Durch die IBA, aber nicht allein durch sie, ist eine Art Goldgräberstimmung in Wilhelmsburg ausge-brochen, vor allem unter Kreativen. Hier gibt es offenbar etwas zu holen. So strömen denn alle her, fliegen aus allen Richtungen auf der Elb-Insel ein, um ein möglichst dickes Stück vom Kuchen zu ergattern. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden. Mich stört nur, wenn Leute sich wichtig und breit machen, ohne Gespür für die gesamte Situation und die für sie neue Umgebung. *
Mein erster direkter Kontakt mit einer Zomia-Bewohnerin war oke. Warten wir ab, was diese Menschen mitbringen und zu geben haben. Wir werden sehen, ob sie ein Teil des hiesigen Lebens werden - oder nur einen Sonderstatus für sich beanspruchen. *R.S.*
In der Jan/Febr-Ausgabe des Wilhelmsburger Insel-Rundblick (w.i.r.) erschien gerade ein Artikel, der sich kritisch mit ZOMIA befasst. Ich lese: "Für unseren Stadtteil finde ich es mittlerweile sinnvoll, sich nicht für jeden Neuzugang offen zu zeigen." Schreibt hier eine Alteingesessene, eine Wilhelmsburger "Ureinwohnerin"? Eine 70- oder 80-jährige Dame, die sich durch wildes Wohnwagen-Leben gestört fühlt? Mitnichten. Die Autorin heißt Katrin Milan und ist gerade mal halb so alt. Und: Sie wohnt selber in einem Bauwagen - mit Sondergenehmigung und, soviel ich weiß, mietfrei. Seit 5 oder 6 Jahren. Sie war es, die den ZOMIA-Leuten überhaupt zum ersten Stellplatz im Stadtteil verhalf. Bei der weiteren Lektüre des Milan-Rundflugs traue ich meinen Augen nicht: "ich empfinde die Vorgehensweise dieser Gruppe als egozentrisch und strategisch" heißt es da. *
Ich lernte diese Frau, die sich selber "Kunstnomadin" nennt, vor ca. 5 Jahren kennen. Da ich eine Ader für Sozialromantik habe, lud ich sie ein, bei einem Puppenspiel-Workshop in einer Schule mitzumachen. Die Gage in Höhe von 300 € teilte ich mit ihr. Für einige Wochen später verabredeten wir uns zu einem Puppenspiel im Rahmen einer Kunstbüro-Veranstaltung. Dort wollte ein Junge mitspielen, den wir beide vom Workshop kannten. Die Milan kam anderthalb Stunden zu spät - für ihren Part musste, in einer total chaotischen und stressigen Situation, die Oma des Jungen einspringen. Katrin entschuldigte sich nicht etwa, sondern nutzte die Gelegenheit, um von sich zu erzählen und Info-Blätter zu verteilen. Dann verschwand sie wieder, ohne sich für das Rest-Programm zu interessieren. Am nächsten Abend platzte sie in eine weitere Kunstbüro-Veranstaltung in der Buchhandlung Lüdemann, erzählte wieder etwas, hinterließ Flyer - und weg war sie. Inzwischen hatte ich jedes Interesse an einer wie auch immer gearteten Koop mit der Milan verloren - aber einmal tauchte sie doch noch bei einer Veranstaltung auf, nämlich bei einer Vernissage der "Wilhelmsburger Busgalerie". Erst machte sie meine Freundin blöde von der Seite an, dann meinte sie anmerken zu sollen, daß wir für das "Busgalerie"-Projekt doch "reichlich Gelder" bekommen hätten. Neidisch war sie also auch noch. Zum Glück verschwand sie bald darauf - nicht ohne ihre Zettel zu hinterlassen. *
Diese Erlebnisse gingen mir beim Lesen des Milan-Artikels wieder durch den Kopf. Eine Frau nutzt Veranstaltungen, um für sich Reklame zu machen - ohne Sensibilität für das eigentliche Geschehen, in das sie hineinplatzt. Daß ausgerechnet diese Person bei Anderen egozentrisches und strategisches Verhalten kritisiert, ist kaum zu glauben. *
Zurück zu ZOMIA. Natürlich frage ich mich: Was habe ich mit diesen Leuten zu tun, die so viel Aufmerksamkeit erfahren? Weshalb kommen sie ausgerechnet in diesen Stadtteil? Durch die IBA, aber nicht allein durch sie, ist eine Art Goldgräberstimmung in Wilhelmsburg ausge-brochen, vor allem unter Kreativen. Hier gibt es offenbar etwas zu holen. So strömen denn alle her, fliegen aus allen Richtungen auf der Elb-Insel ein, um ein möglichst dickes Stück vom Kuchen zu ergattern. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden. Mich stört nur, wenn Leute sich wichtig und breit machen, ohne Gespür für die gesamte Situation und die für sie neue Umgebung. *
Mein erster direkter Kontakt mit einer Zomia-Bewohnerin war oke. Warten wir ab, was diese Menschen mitbringen und zu geben haben. Wir werden sehen, ob sie ein Teil des hiesigen Lebens werden - oder nur einen Sonderstatus für sich beanspruchen. *R.S.*
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