Vor knapp 3 Jahren, am 27.1.2008, starb die Dichterin und Bild-Macherin Helga Goetze Sophia. Sie war eine gute alte Freundin. Helga hinterließ unzählige Stickbilder, umfangreiche Tagebuchauf-zeichnungen sowie mehr als 3000 Gedichte. Sie begleitete meine Aktivitäten in vielfacher Weise unterstützend und bisweilen kritisch. Das Kunstbüro Wilhelmsburg publizierte in sämtlichen Ausgaben der Zeitschriften "ELB-INSEL" (1989-91) und "herzGalopp" (15 Ausgaben von 1995-2005) Gedichte und Texte von ihr, teilweise als Erstveröffentlichungen. Helga fehlt mir. Sie war sehr gebildet und klug - auch wenn manche Leute sie einfach für "verrückt" hielten. Helga war die mutigste Frau, die ich in meinem bisherigen Leben kennen lernte. Und sie besaß ein Einfühlungsvermögen wie niemand in meinem Freundes- und Bekanntenkreis. Dies gelang ihr, weil sie sich selber gut kannte - sie erforschte sich unermüdlich bis in ihre verborgensten Winkel. Und schrieb darüber, malte und stickte Bilder. * Die engagierte Feministion entzog sich mit knapp 50 Jahren, als ihre sechs Kinder groß genug waren, den Zwängen der Klein-Familie und machte sich auf, ihre Sexualität frei zu leben und auch für andere eine neue Perspektive des Miteinander zu entwickeln. Ich lernte sie 1974 über einen schwulen Freund kennen, als sie in Hamburg in der Hallerstraße wohnte und jede Woche einen literarischen Salon veranstaltete. Ich war tief beeindruckt von ihrer Lebendigkeit und Offenheit. 1981 zog es sie nach Berlin. Dort zog sie erneut Kreise und lud regelmäßig u.a. zu Lesungen in ihre inspirierende Wohnung ein. Noch als 80-jährige saß sie fast täglich an der Gedächt-niskirche, um ihre Ideen zu propagieren und auf die "Sexualnot der Heranwachsenden" hinzu-weisen. Mehr als 20 Jahre lang schickte sie mir regelmäßig ihre Tagebuchaufzeichnungen, Buchbesprechungen und Gedichte. Trotz demütigender, sie zutiefst kränkender Erlebnisse -mehrfach wurde sie von der Polizei von ihren Straßenplätzen vertrieben, u.a. beim "Literatrubel" in Hamburg; bei einem Frauen-Kongreß wurde sie als "Störerin" vor die Tür gesetzt- verhärtete sie nicht und blieb liebe- und verständnisvoll auch für ihre GegnerInnen. Sie konnte sehr streng und unnachgiebig in bestimmten Dingen sein, hatte aber stets ein offenes Ohr und gab großzügig von ihrer Rente an andere, was sie nicht selber zum Leben brauchte. * Kurz vor ihrem Tod wurde endlich die von mir überarbeitete Neuauflage des Buches "ROTE LIEBE" fertig. Das Buch enthält u.a. den Text des Interviews, das Rosa von Praunheim mit ihr im gleichnamigen Film führte. Sehr lesenswert ist auch ihr Gedichtband "Zeugnisse eines Aufbruchs". Es gibt einen Verein: "Metropole Mutterstadt e.V.", der sich um die weitere Publi-kation ihres Werkes kümmert. Das musee de l'rt brut in Lausanne kaufte einige ihrer Stickbilder. Im letzten Jahr wurden Bilder von ihr im nationalmuseum der Slovakei gezeigt. * Im Internet finden sich viele weitere Hinweise auf Helga Goetze Sophia. * R.S. *
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