Ein
Bekannter schenkte mir das Buch „Phänomen
Drewermann – Politik und Religion einer Kultfigur“. Eugen
Drewermann war in den 80-er und 90-er Jahren ein viel gelesener, überaus
beachteter Schriftsteller und Kritiker der katholischen Kirche. Inzwischen ist
es ruhiger um den Mann geworden, der mit zahlreichen Büchern, aber auch
öffentlichen Auftritten für Furore sorgte. * Mein erster Eindruck vom Buch der Autoren U.Birnstein und K.-P.Lehmann: Sie gehen
systematisch, ja generalstabsmäßig vor, um Drewermann zu zerlegen. Das
Wörtchen „Kritik“ ist eine Beschönigung und Untertreibung für das, was hier
passiert. In konsequent oberlehrerhafter Manier versuchen die Autoren, den
Ketzer und Psychologen Drewermann bloßzustellen. Mit einigem Recht kann dieses
Werk als „Sachbuch“ bezeichnet werden. Es geht zwar um einen Menschen, aber der
soll mit seinem ganzen Wirken, mit seinen Veröffentlichungen auf ein fehlerhaftes Etwas reduziert werden.
Unzählige Male werden Bibel-Stellen zitiert, um Drewermann der Falschauslegung
und Oberflächlichkeit zu bezichtigen. In irgendeinem Buch oder sogar bei öffentlichen Auftritten wetterte Drewermann
gegen Schriftgelehrte und Pharisäer – hier hat er seine „Meister“ gefunden.
Hier toben sich zwei Schriftge-lehrte aus, um einen von ihnen verachteten
Kollegen vorzuführen. Dabei schießen sie m.E. etliche Male weit übers Ziel
hinaus, das darin bestünde zu „kritisieren“. Die Verbissenheit, mit der Birnstein und Lehmann ans
Werk gehen, ist erstaunlich. Nun ist Kritik eine ganz normale Sache,
„demokratische Gepflogenheit“ könnte man sagen. Sie gehört zum Alltag, zumal
für Intellektuelle. Oftmals unerfreulich und verletzend für den/die Betroffene/n. Unredlich wird Kritik meines Erachtens, wenn unter dem Deckmantel der Rationalisierung und Besserwisserei
Dämonisierung betrieben wird. In dem
Kapitel „Weltseele,
Vernunftfeindlichkeit, Antijudaismus. Auf den Spuren C.G.Jungs“ (69-80)
wird Drewer-mann in die Nähe des Antisemitismus gerückt. Bernstein und Lehmann
bezeichnen D. nicht direkt als „Antisemiten“. Dies wäre absurd und ein leicht
zu durchschauendes Manöver. Die beiden Kritiker gehen cleverer und
subtiler vor. Sie zitieren D. jeweils so, daß seine Worte in ihr
Feindbild-Raster passen, und interpretieren ihn u.a. so, daß er wie ein Verharmloser
des Nationalsozialismus dasteht. S. 74: „nicht
die jahrhundertealte Judenfeindschaft der Kirche, die den modernen Antisemitismus
vorbereitete, der schließlich nach Auschwitz führte, hält er für die
„größte Bedrohung für die Fortexistenz der Menschheit“, übrigens auch „nicht die Atombombe, sondern das Aufkommen einer
modernen Religionskriegsmentalität zwischen Ost und West und der Rückfall in
ein Denken der Intoleranz“. Es gibt keine Hinweise darauf, daß Drewermann
irgendwo den Nationalsozialismus verharmlost, mit Rechtsextremen sympathisiert,
Antisemitismus gutheißt. Das wissen auch die beiden Autoren. Deshalb belassen
sie es dabei, Drewermann in die Nähe davon zu rücken. Wir wissen: Wo Gerüchte
erzeugt werden, bleibt etwas hängen. ** Ich bin kein großer Anhänger
Drewermanns, im Gegenteil. Ich besuchte ihn einmal in Paderborn und war danach ziemlich desillusioniert. Ich bin aber entsetzt von der bösartigen, perfiden Art, wie hier ein Kirchenkritiker systematisch fertig gemacht
wird. Birnstein und Lehmann müssen den Mann aus ganzem Herzen hassen. Oder sind
sie nur neidisch auf den Erfolg Drewermanns, eifersüchtig aufgrund seiner
großen Anhängerschaft? Es gibt einiges,
was an Drewermann kritisiert werden kann, aber den Schriftsteller zu dämonisieren
ist genau der falsche Weg. Von christlichem Geist oder Nächstenliebe zeugt der
Verriß eines unliebsamen Außenseiters Jahren ** Ich las vor Jahren das Buch „Die Kleriker“ von Eugen
Drewermann und war schwer beeindruckt. Diesen Mut, sich mit einer großen und (über)mächtigen Institution anzulegen, bringen U.B. und KP-L. nicht
auf. Sie nehmen einen einzelnen Mann in den Schwitzkasten und hauen drauf.
**RS**
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