Samstag, 24. August 2013

Berühmte Verbrecher: Chapo Guzman

Worin besteht die faszinierende Wirkung, die von gewissen Persönlichkeiten ausgeht, selbst wenn sie schrecklichste Verbrechen begehen? Etwas an ihnen fesselt uns - aber dann wenden wir uns mit einem Schauder oder/und moralischer Empörung ab. Malcolm Beith beschreibt in seinem Buch "El Chapo - Die Jagd auf Mexikos mächtigsten Drogenbaron" die Entwicklung des 1957 geborenen Joaquin Archivaldo Guzman Loera alias Chapo. Der Mann aus Sinaloa (NW-Mexiko) wurde 1993 verhaftet, zu gut 20 Jahren Gefängnis verurteilt und entkam 2001 aus der Haft. Seither wird er gejagt, nicht nur in Mexiko, sondern auch in den USA und anderen mittel- und südamerikanischen Ländern. Auf seine Ergreifung ist ein Kopfgeld in Höhe von 5 Mill. US-Dollar ausgesetzt. ** Chapo Guzman entspricht, wie viele andere Narco-Verbrecher, den Klischee-Bildern, die wir (in Mitteleuropa) aus Büchern und aus Gangster-Filmen kennen. Aus besonders brutalen Gangster-Filmen, in denen Menschen zu Dutzenden erschossen, gefoltert, in die Luft gesprengt werden. Ein Alptraum scheint wahr geworden. Abgeschnittene Köpfe werden auf die Tanzflächen in Diskotheken gerollt, gefolterte Tote werden an Autobahnen aufgehängt. Mexiko erlebt Zeiten der "Barbarei": enthemmter krimineller Machenschaften und rücksichtsloser Kämpfe, die von der Gier nach Macht, Geld, Sex entfacht werden. Chapo Guzman scheint in diesem Krieg eine Art "Gentleman"-Gangster zu sein, der seine Opfer "nur" mit einem Kopfschuß tötet. ** Der Autor geht auf die unterschiedlichen Kartelle in Mexiko ein, seine Hauptfigur ist aber Guzman. Der Mann ist eine Art Legende, wird von mexikanischen Zeitgenossen teilweise verehrt, wie eine Art "Robin Hood" angesehen. Vielleicht kein Wunder, da er, auch wenn es auf verbrecherische Art geschieht, hunderten oder gar tausenden Menschen zu einer Wohnung und Einkommen verhilft. Außerdem gilt er als Charmeur und Frauenheld. Chapo wird als äußerst raffiniert beschrieben, ein glänzender, vielleicht genialer Stratege. Nicht nur, was seine Fähigkeiten beim Drogenschmuggel betrifft. Er scheint äußerst geschickt in der Einschätzung von Menschen zu sein.  Zitat: (während seiner Inhaftierung) "war er einer intensiven psychologischen Untersuchung und Beratung unterzogen worden. Obwohl man eine sozopathische Persönlichkeitsstörung diagnostizierte, sprach er offenbar auf die Behandlung an. Während der 63 Sitzungen, die sein Therapeut mit ihm in seiner Zelle abhielt, hatte er sich bereit erklärt, über seine Familie zu sprechen, und sein Interesse betont, sein Verhalten zu ändern, falls man dies von ihm verlange". (S. 45) "Sowohl seine Fähigkeit, mit Enttäuschungen umzugehen, als auch seine Impulskontrolle verbesserten sich im Laufe der Therapie". Daß ein Schwerstverbrecher "sein Interesse betont, sein Verhalten zu ändern, falls man dies von ihm verlangt" finde ich zum Schmunzeln. Guzman scheint äußerst anpassungsfähig zu sein, ein Meister der Strategie und Menschenbehandlung. Wohl auch aus diesem Grund ist er noch nicht gefasst. Und natürlich: Als milliardenschwerer "Drogenbaron" kann er sich fast alles und jeden kaufen. Auf seiner Gehaltsliste stehen zahlreiche Polizisten und Justizkräfte - bis in höchste Ränge. Der Mann ist ein Phänomen - aber erklärbar. ** Eine der Ursachen für die kaum vorstellbare Grausamkeit und Skrupellosigkeit der sich gegenseitig und die Gesellschaft bekämpfenden unterschiedlichen Kartelle und Banden ist auch in der Schwäche des mexikanischen Staats zu suchen, den jahrzehntelange Einparteien-Herrschaft und -Wirtschaft zu einem korrupten Gebilde verkommen ließen. Erschreckend und faszinierend ist das Verbrechertum, weil es -bei allem Abscheu- unsere Sensationsgier befriedigt. ** Wenn in Mexiko das Verbrechen besiget werden soll, müssen die Menschen Arbeit finden und Wohnungen. Wenn der Staat nicht in der Lage ist, Hunger und Elend großer Bevölkerunsgteile zu beenden, werden diese Menschen weiterhin für die verschiedenen Mafia-Clans und Drogen-Kartelle aktiv sein.                                                     Heyne Hardcore, 9 @ 90
"1995

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