Samstag, 25. Februar 2012

ver.di publik


Ich bin seit Herbst 2007 Mitglied im Gewerkschafts-Verband ver.di. Und weiß bis heute nicht, ob ich da richtig bin. Jeden Monat wird mir die Zeitung publik in den Briefkasten geworfen. Meistens lege ich das Magazin nach flüchtigem Überfliegen der ersten Seite auf den ZS- und Bücher-Stapel, den ich alle 3-4 Wochen entsorge. Ich suche Inspiration – und finde political correctness. Diesmal auf der Titelseite ein einsamer, wütender Demonstrant vor einer Phalanx griechischer Polizisten. Aus anderen Zeitungen + vom TV kenne ich andere Bilder zu diesem Thema: aggressive grie-chische Demonstranten, die Molotow-Cocktails und Steine werfen und mit Stangen zuschlagen. S.2: „Bis zum letzten Atemzug“, Untertitel: VER.DI-SENIOR/INNEN / Wer einmal vom Gewerkschaftsleben angesteckt ist, bleibt immer engagiert. ...“ Klingt gut. Ich werde in diesem Jahr 60. Offenbar bin ich nur formal Mitglied, und nicht vom Gewerkschaftsleben angesteckt. Vor 4 Jahren demonstrierte ich vor dem kath. Wilhelmsburger Altenheim Maximilian Kolbe, weil mir der Chef des Heims nach 2 Jahren Anstellung kein Abschluß-Zeugnis ausstellen wollte. Es erschienen sogar 2 Artikel mit Foto in Regional-Blättern. Die schickte ich an ver.di – um mein Engagement zu zeigen. + erwartete eine Mut machende Reaktion, Lobesworte o.ä. Weit gefehlt. Meine mehr als 100 fein säuberlich aufgelisteten Überstunden führten nicht zu einem Arbeits-Prozeß. Das Risiko für die Gewerkschaft sei zu groß! Aber immerhin bekam ich dank eines ver.di-Briefs ein Arbeits-Zeugnis. * Zurück zu publik. Warum fühle ich mich auch mit dem Blatt wie in einer Wüste? „Die nächsten Milliarden für uns“ lautet die Schlagzeile S. 3, „Wir sind es wert“. Es geht um die nächste Tarifrunde für 12 Millionen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst. Was habe ich damit zu tun? Ich arbeite 12 Std. pro Woche in einer Einrichtung zur Integration behinderter Menschen. Da hatte ich auch schon ein ver.di-Beratungsgespräch. Ist mein Fall „zu speziell“? Hege ich falsche Erwartungen? S. 4-5 „Schlecker-Frauen schöpfen Hoffnung“. Oke .. Ist ja ne Riesen-Firma, die Insolvenz angemeldet hat ... * Weitere Schlagzeilen der vor mir liegenden publik-Ausgabe: „Vollzeitjobs in der Minderheit“ (die Tendenz kann ich nur bestätigen); „Ein Kreuz für jeden bedrohten Job“ ... – berühren mich die meisten Überschriften und Themen nicht, weil ich zu alt bin? * Vor Monaten telefonierte ich mit dem Hamburger Fachbereich Medien, da ich freier Künstler bin (Malerei, Schreiben, Theater) + zudem Lesungen und Ausstellungen organisiere u.ä. Der ver.di-mann am anderen Ende der Leitung versprach, mein Anliegen: Möglichkeiten künstlerischer Aktivitäten innerhalb der Gewerkschaft auszuschöpfen, weiterzuleiten. Ich nehme Impulse auf, gebe aber auch eigene Impulse weiter. Ich bin ein Medien-Mann. Der Typ, den er mir nannte, meldete sich jedoch nie bei mir. Später klärte mich eine ver.di-Dame auf: Das sind alles Ehrenamtliche, mit anderen Worten: Ich darf da nichts erwarten ... ist alles FREIWILLIG! ... * Wie gesagt: ich weiß nicht, ob ich hier richtig bin. Die neue publik blättere ich weiter durch, lustlos. * Ich bin enttäuscht, weil ich als Einzelner mich nicht persönlich angesprochen fühle. Ich habe mit einem gigantischen Apparat zu tun. Auch in der Gewerkschaft dreht sich, so scheint mir, letztlich alles um GELD und bürokratische Ordnung. Mir geht es aber auch um andere Dinge. Ich mache mir keine Sorgen, daß ich verhungere oder verdurste. Ich habe wenig Geld, knapp über der Armutsgrenze ("Aufstocker" durch Arge), aber es bleibt noch genug. Die auf der publik-Titelseite formulierte Frage "Was bleibt zum Leben?" stellt sich mir in anderer Hinsicht:: Was bleibt mir in einer geistig-psychisch-mental armen Gesellschaft, um geistig zu überleben? In ver.di-publik finde ich diesbezüglich keine Nahrung. *R.S.*

1 Kommentar:

Erich Heeder hat gesagt…

Das ist so eine Sache, geistige Nahrung zu finden, geschweige sie noch ein zu vordern !! Egal an wen du dich wendest, du fühlst dich immer alleine wieder, auf dein Schlachtfeld des Lebens !! Wenn du meinst, das dir weiter geholfen wird, dann irrst du dich gewaltig !! Im Moment habe ich so ein Fall, da wird etwas versprochen, aber niemand hält sich drann !!
In diesem Sinn, Erich Heeder