Samstag, 2. Juni 2012

2. Juni 1967-2012

Es läutet Sturm an meiner Wohnungstür. MB (Mein Bekannter) steht mit einem Blumenstrauß im Flur. – „Oh, danke! Das ist aber nett von Dir. Leider hab ich keine Vase frei.“ – Hahaha. – „Bist mal wieder untreu. Du schlimmer Junge!“ – „Du weißt, was für ein Tag heute ist?“  - „Hmmm ... laß mich überlegen... Vor 45 Jahren wurde in Berlin Benno Ohnesorg erschossen.“ – „Wer denkt denn heute noch daran?“ – „Und fünf Jahre später, 1972, kam die Bewegung 2. Juni aus den Startlöchern.“ – „Ist doch kalter Kaffee!“  - „Hast Du heiße Neuigkeiten?“ – „Heut ist die Demo gegen den Nazi-Auf-marsch in Wandsbek. Tu nicht so, als ob Du nichts davon weißt!“ -  „Na klaro hab ich das mitge-kriegt. Die Parole „Nazis blocken“ steht schließlich seit Monaten auf der Häuserwand, 3 Meter Luft-linie von hier!“ – „Sag bloß, Du gehst nicht hin!“ – Ich: „Seh ich so aus?“ – MB: „Gerade Künstler müssen gegen die Nazis sein.“ – „Bin ich auch. Aber im Unterschied zu Dir bring ich den Demon-stranten keine Blumen.“ – „Ha ha ha.“ – „Mal im Ernst. Wenn auch nur eine minimale Wahrschein-lichkeit bestünde, daß die Nazis in Deutschland oder in Hamburg an die Macht kämen, stünde ich an vorderster Front. Aber so.“. – „Und die Morde von dieser Nazi-Zelle?“ -  Sone Menschen gibt es. Da nützen keine Demos.“ -  „Die Bockwurst-Party ist vorbei“ steht auf einem Kleber.“ – „Is Folklore. Die Nazi-Aufmärsche und Bockwürste. Und die Gegen-Demonstrationen mit ihrer veganen Suppe auch.“ – „Wobei aber ein himmelweiter Unterschied ist zwischen den Parteien.“ – „Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren.“ -  MB wendet sich zum Gehen. „Denn mal frohes Schaffen in der Werkstatt.“ -  „Danke. Und selber viel Spaß. Beim Demonstrieren.“ – „Ich geh nicht hin.“ Mein Bekannter hat schon die Haustür aufgemacht. Ich bin erstaunt. „Wie bitte?“ – „Das Argument, daß die Nazis eine verschwindende Minderheit sind, ist nicht von der Hand zu weisen. Also irgendwo hast Du Recht.“ – „Du gibst mir Recht? So viel Ehre auf einmal ...Hab ich das verdient?“ – „Du, laß uns die nächsten Tagen darüber quatschen. Ich bin noch verabredet.“ * So zog mein Bekannter von dannen. Ich ging in die Küche, um einen Tee aufzusetzen.  *R.S.*

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