Es läutet Sturm an meiner Wohnungstür. MB (Mein
Bekannter) steht mit einem Blumenstrauß im Flur. – „Oh, danke! Das ist aber nett von Dir. Leider hab ich keine Vase
frei.“ – Hahaha. – „Bist mal wieder
untreu. Du schlimmer Junge!“ – „Du weißt, was für ein Tag heute ist?“ - „Hmmm
... laß mich überlegen... Vor 45 Jahren wurde in Berlin Benno Ohnesorg erschossen.“
– „Wer denkt denn heute noch daran?“ – „Und
fünf Jahre später, 1972, kam die Bewegung 2. Juni aus den Startlöchern.“ – „Ist
doch kalter Kaffee!“ - „Hast
Du heiße Neuigkeiten?“ – „Heut ist die Demo gegen den Nazi-Auf-marsch in
Wandsbek. Tu nicht so, als ob Du nichts davon weißt!“ - „Na klaro hab ich das
mitge-kriegt. Die Parole „Nazis blocken“ steht schließlich seit Monaten auf der
Häuserwand, 3 Meter Luft-linie von hier!“ – „Sag bloß, Du gehst nicht hin!“
– Ich: „Seh ich so aus?“ – MB:
„Gerade Künstler müssen gegen die Nazis sein.“ – „Bin ich auch. Aber im Unterschied zu Dir bring ich den Demon-stranten
keine Blumen.“ – „Ha ha ha.“ – „Mal
im Ernst. Wenn auch nur eine minimale Wahrschein-lichkeit bestünde, daß die
Nazis in Deutschland oder in Hamburg an die Macht kämen, stünde ich an
vorderster Front. Aber so.“. – „Und die Morde von dieser Nazi-Zelle?“
- „Sone
Menschen gibt es. Da nützen keine Demos.“ -
„Die Bockwurst-Party ist vorbei“ steht auf einem Kleber.“ – „Is Folklore. Die Nazi-Aufmärsche und
Bockwürste. Und die Gegen-Demonstrationen mit ihrer veganen Suppe auch.“ – „Wobei
aber ein himmelweiter Unterschied ist zwischen den Parteien.“ – „Darüber brauchen wir nicht zu
diskutieren.“ - MB wendet sich zum
Gehen. „Denn mal frohes Schaffen in der Werkstatt.“ - „Danke.
Und selber viel Spaß. Beim Demonstrieren.“ – „Ich geh nicht hin.“ Mein
Bekannter hat schon die Haustür aufgemacht. Ich bin erstaunt. „Wie bitte?“ – „Das Argument, daß die
Nazis eine verschwindende Minderheit sind, ist nicht von der Hand zu weisen.
Also irgendwo hast Du Recht.“ – „Du gibst
mir Recht? So viel Ehre auf einmal ...Hab ich das verdient?“ – „Du, laß uns
die nächsten Tagen darüber quatschen. Ich bin noch verabredet.“ * So zog mein Bekannter von dannen. Ich ging in die Küche, um einen Tee aufzusetzen. *R.S.*
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