Künstler
sind wie Heuschrecken. In manchen Jahren sieht man sie kaum, in anderen
wiederum fallen sie in Schwärmen über bestimmte Landstriche her. Die einzelne
Heuschrecke scheint auf den ersten Blick niedlich zu sein. Und faszinierend. Originell.
Nur meistens kommt sie nicht allein.
Die
ersten größeren Künstler-Invasionen über die Elb-Insel kamen ab 2003 mit der Hafensafari. Das ging bis 2006. Für die Veranstalter
war es ein Geschäft: Die Heuschrecken äh-Künstler wurden an einem bestimmten
Ort rausgelassen ... dort wurden Parcours angelegt, an denen die Werke der sich
rasant Vermehrenden ausgestellt waren. Gegen Eintritt wurden Besichtigungs-Touren
organisiert: „Hafen-Safaris“. Die Veranstalter kassierten. Die Künstler durften sich einbilden, den ersten
Schritt oder eine wichtige Etappe zum Ruhm und zur Professionalität
zurückgelegt zu haben. Dies alles geschah im Vorfeld von IBA und igs. Ab
2007 wurde geklotzt. Die Heuschrecken wurden nicht mehr mit Ruhm oder
Cent-Beträgen angelockt, sondern mit Euros. Und schon setzte wieder eine
rasante Vermehrung der Spezies ein. Eine geradezu explosionsartige Vermehrung. Im
Zusammenhang mit der IBA entstand u.a. das Dockville-Festival. Das geht nun
auch schon einige Jahre. Der aktuelle Heuschrecken-Schwarm performt oder beschreibt oder interpretiert oder
oder ... :: „Wilhelmsburg aus Künstlersicht“ (siehe Überschrift im hiesigen Wochenblatt).
Hä? ... Jetzt kommt, nein fliegt also wieder mal ... der dritte, vierte,
fünfte, sechste oder siebte Heu-schreckenschwarm – ja von woher eigentlich???
Das sind doch nicht Wilhelmsburger, die hier performen,
interpretieren, beschreiben, --- ach ja, jetzt fällt mir das Wort ein:
Die machen alle Concept-Art. Das sind Conzept-Heuschrecken. Aha. * * * Wie
wär’s denn, liebe Heuschrecken –äh ... KünstlerInnen, wenn ihr euch nicht nur
temporär = zeitlich begrenzt auf bestimmten Flächen in Wilhelmsburg
niederlasst, um Besucher mit vielleicht originellen Ideen, Sichtweisen usw. zu
konfrontieren? Wie wär’s denn, liebe Heuschrecken –äh ... KünstlerInnen, wenn
ihr nicht nur diesen Stadtteil mit Concept-Art beglückt,
überrascht oder nervt bzw. langweilt (je nachdem) ... SONDERN, am besten GLEICHZEITIG, euch auch mit der hiesigen Kunst- und
Kreativ-Szene auseinander oder, besser noch, zusammensetzt. Stellt euch vor, lange vor euch gab es hier schon
Kreative. * Als ich 1988 mit ähnlich Gesinnten das Kunstbüro Wilhelmsburg
gründete, erforschten wir, was es an Kunst und Künstlern VOR uns in diesem
Stadtteil schon gab. Es war nicht sehr viel, was wir darüber herausfanden. Aber
immerhin. Und wir schrieben darüber in unserer Zeitschrift ELB-INSEL 1989 und 1990. Ist schon ein Weilchen her
... * Heutige KünstlerInnen scheinen
nicht mal im Traum auf die Idee zu kommen, daß es noch andere Kreative gibt, an
deren Ideen, Geschichte, Werken sie anknüpfen könnten. * Und
2013? Werden Heuschrecken über uns herfallen, die mittelmäßiger und weniger
originell, aber dafür UMSO ZAHLREICHER sein werden: Touristen. Davor graut mir. *R.S.*
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