Pünktlich zum 1. Mai finden wir, wie jedes Jahr,
entsprechende Aufrufe in den Straßen. REVO-LUTION!
Die Plakate haben etwas Farbiges, Buntes, Folkloristisches. Sie regen die
Phantasie ungemein an – meine jedenfalls.
+ so ergänze ich das Plakat, das ich gestern bei mir „um die Ecke“
fotografierte, um ein Foto der chinesischen „Roten Brigaden“ (von mir leicht
verfremdet). + um ein Teil aus meiner Briefmarken-Sammlung: Lenin auf einer
sowjetischen Marke von 1987 (Ausschnitt aus einem Block). * Ich bin auch für REVOLUTION. Wenn unsere
Revolutionäre da ansetzen, wo das tägliche Elend spürbar
ist. Ich rede hier nicht von der materiellen Armut, die sich angeblich
bei uns breitmacht, und der Hysterie und dem Geschrei darum. Ich meine die Verdummung
(geistig) und Verblödung (psychisch), die
in unserer Gesellschaft voranschreiten. Man begegnet dem psychischen Elend
praktisch jeden Tag; auch auf der Straße. In Wilhelms-burg. Dagegen hilft kein
Stein, dagegen hilft keine Vermummung, dagegen hilft auch kein dia-lektischer
Materialismus. Weder rechte noch linke Ideologie helfen dagegen. Das einzige, was helfen könnte, wäre, daß wir selber unseren Alltag lebenswerter und
erträglicher machen; daß wir selber die Entfremdung, die
uns durch das System aufgezwungen ist, aufheben. Dazu müss-ten wir uns aber
selbst erkennen UND anfangen, miteinander über die Dinge zu sprechen, die von Bedeutung sind. Ich meine damit nicht „die Politik“. * Selbsterkenntnis: Was für eine schwie-rige
Angelegenheit. Es ist allemal leichter, die Fehler nur beim politischen Gegner,
das Übel beim ideologischen Feind, das Böse bei der Konkur-renz zu sichten. *
Ich bin auch für Revolution. Der Ansatz muß
jedoch stimmen. Straßenkampf und
Vermummung vergrößern nur alte Probleme
(die wir längst kennen) + bieten nur einigen Hundertschaften Polizei zwangsweise
ungeliebte Überstunden und einigen Journalisten + Bloggern (also auch mir)
einen Anreiz, Worthülsen zu Papier zu bringen (bzw. ins Internet zu stellen).
Wollen wir das? ***
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