Donnerstag, 2. Juli 2015

RW Fassbinder - Theater als Provokation


Der Regisseur und Schauspieler Fassbinder wäre vor einem Monat (31. Mai) 70 jahre alt geworden. Die Würdigungen in der deutschen Medien-Landschaft hielten sich in engen Grenzen. Ich bin nach wie vor schwer fasziniert von dem Mann; es ist diese Mischung aus frech, überraschend und cool, und dazu zähle ich auch das Äußere, das Image das Fassbinder sich selber gab; mir fällt der von Marx geprägte Begriff des "Lumpenproletariers" ein, den ich hier bitte nicht als Abwertung verstanden wissen möchte. Für Marx waren Lumpenproletarierzerrüttete(n) Lebeherren mit zweideutigen Subsistenzmitteln und von zweideutiger Herkunft, verkommene und abenteuerliche Ableger der Bourgeoisie, Vagabunden, entlassene Soldaten, entlassene Zuchthaussträflinge, entlaufene Galeeren-sklaven, Gauner, Gaukler, Tagediebe, Taschendiebe, Taschenspieler, Spieler, Zuhälter, Bordellhalter, Lastträger, Literaten, Orgeldreher, Lumpensammler, Scherenschleifer, Kesselflicker, Bettler, kurz, die ganze unbestimmte, aufgelöste, hin- und hergeworfene Masse ..." (Wikipedia). Fassbinder hatte von all diesen Typen und Genre-Figuren etwas, vor allem aber auch -und das ist ein Verdienst dieses Buches- etwas von einem Intellektuellen. Damit meine ich etwas Positives, nämlich einen Menschen, der bei aller Farbigkeit, Genialität, Unberechenbarkeit stets seine Arbeit auch reflektierte, in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext setzte, sich selber auch ... und so garnichts mit der heute total verpoppten Film- und Unterhaltungs-Industrie gemein hatte, obwohl er vom Potential her auch Pop-Filme hätte machen können - starken Unterhaltungswert haben eh die meisten seiner Leinwand-Kunstwerke. In dem Buch von David Barnett liegt der Schwerpunkt auf der Theater-Arbeit Fassbinders. Der Autor hat sehr gut recherchiert und ich erfahre einiges für mich Neue, dabei hatte ich schon mehr als eine Biografie über den Regisseur gelesen. Dieses Buch zeugt von der ersten bis zur letzten Seite von der Kompetenz des Autor. Auch das Vorwort von Hanna Schygulla trägt dazu bei, mein Bild von RWF noch weiter zu präzisieren. Barnett hält auf quasi-wissenschaftlichem Niveau die Erinnerung an ein ein Genie wach und lebendig. Was könnte ich als Konsument und Leser mehr erwarten? 
                                *RS*   

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