Hans-Ulrich Wehler, 1931 geboren und
emeritierter Professor für Allgmeine Geschichte, veröffent-lichte im
C.H.Beck-Verlag das Buch DIE NEUE UMVERTEILUNG – Soziale
Ungleichheit in Deutschland. Wehler bezieht
sich bei seiner Einschätzung der Sozial-Hierarchie in der Bundesrepublik u.a.
auf den Klassen-Begriff, jedoch nicht
wie ihn Marx verstand, sondern eher aus der Sicht Max Webers. Neugierig geworden durch ein SPIEGEL-Interview, in dem
der Autor das Auseinan-derdriften von Arm und Reich als „gefährlichste Herausforderung“ bezeichnet, kaufte ich mir das Buch. In
insgesamt 15 Kapiteln bietet der Autor zahlreiche Beispiele für die gravierende
Ungleichheit in diesem Land. Das Auseinanderklaffen ist in allen
Lebensbereichen spürbar – auch wenn von vielen Politikern diesbezüglich
vertuscht und gelogen wird (siehe SPIEGEL-Interview). Wehler hat
einen quasi ganzheitlichen Bezug zum Thema. Bevor er sich der Ungleichheit in
speziellen Bereichen in diesem Land zuwendet, beschreibt er „Die internationale Debatte über die neue
Einkommensungleichheit“. In den folgenden Kapiteln behandelt er
systematisch Vermögensungleichheit, die
Ungleichheit in der deutschen
Wirtschaftselite, die Ungleichheit
auf den deutschen Heiratsmärkten, die Soziale
Un-gleichheit der Alten, die Ungleichheit
der Bildungschancen usw. usw. Das Buch ist stark, weil es m.E. fundiert und
gut recherchiert ist. Er sieht nur eine Ausnahme: S. 127: „In einer Hinsicht ist die Ungleichheitsdimension allerdings
entschieden und erfolgreich bekämpft worden.: Das ist die Behand-lung von
Behinderten. ... In der Privtatwirtschaft und im Staatsapparat wird bei der
Gleichwertigkeit von Kandidaten fast schon regelmäßig der behinderte Konkurrent
gewählt.“ Es bietet hervorragende Argumentationshilfen. Der Autor ist ein
bürgerlicher Wissenschaftler und Kritiker – aber dies zeigt einmal mehr, daß
von dieser Seite aus immer wieder auch vorzügliche intellektuelle Arbeit
geleistet wird. * 192 S., 14,95 € **RS**
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