Montag, 26. Dezember 2011

Lektüre: Peter Schütt "... und Jesus ist sein Prophet"



Das Stück mit dem Untertitel „Ein Weihnachtsspiel nach dem Koran“ stellt mein anerzogenes Verständnis der Jesus-Geschichte einigermaßen auf den Kopf. Das Thema, um Weihnachten an unzähligen Orten meist verkitscht nacherzählt oder bildnerisch gestaltet, wird von Schütt in die heutige Zeit transformiert. Der Autor aktualisiert und erweitert die Orte der Handlung. Der Überlieferung nach geschah die „Hl. Geschichte“ in Bethlehem und Umgebung. Bei Schütt kom-men als Handlungsorte eine Koran-Schule, zwei Hamburger Behörden und eine Privatwohnung hinzu. Der Autor zeigt, daß Jesus und die "wundersame" bzw. erstaunliche Legende seiner Zeugung und Geburt, nicht allein den Christen „gehört“, sondern auch Thema im Islam ist. Ein wichtiger Unterschied: Im Islam gilt Jesus nicht als Single, sondern wird als verheiratet angesehen, und zwar mit Maria Magdalena. * In der Einführung weist der Sozialwissenschaftler Karam Khella auf einige wesentliche Dinge der Jesus-Forschung hin, u.a. weist er in einem Nebensatz auf die „gnostische Bibliothek von Nag Hammadi“ hin. Unser heutiges christliches Jesus-Bild ist von Überlieferungen geprägt, bei denen gnostische Tradition weitgehend ignoriert wurde. * Mir liegt die zweite Auflage des Büchleins vor, in das Bilder von Petra von Langsdorff aufgenommen sind, die sich mit collagen-artigen Gemälden und Zeichnungen zum Thema der Maria (Maryam) äußert. * Peter Schütt wurde christlich erzogen, bevor er als junger Mann zur radikalen Linken überwechselte und einer Partei angehörte, die den dialektischen Materialismus zu ihrem geistigen Überau erklärte. Inzwischen ist der Autor zum Islam konvertiert und engagiert sich im „interreligiösen Dialog“ zwischen Juden, Mohammedanern und Christen. Diesbezüglich bietet sein Weihnachtsspiel ein besonderes Beispiel bzw. eine Gelegenheit für eine Annäherung der Religionen –ohne diese m.E. in ihren Grundaussagen zu verfälschen. Man wird sehen, ob die Wächter der „reinen Lehre“ der genannten Religionen dies so ähnlich sehen und eine Annäherung bzw. „interreligiösen Dialog“ zulassen – oder die alten Linien des Argwohns, der Eifersucht und Besserwisserei nicht übertreten. Warten wir es ab. * 72 S., Theorie + Praxis-Verlag, isbn 978-3-939710-10-3

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