Montag, 20. August 2012

Nein sagen

Das Schild Betreten der Ausstellung verboten ! (Schaufenster Otterhaken 8) ist nicht von mir. Es wurde von Timm Ulrichs entworfen, Ende der 60-er bzw. Anfang der 70-er Jahre. Ulrichs (* 1940) gehört zu jenen Kreativen, die schon damals die Entwicklung der Kunst, aber auch des Kunst-marktes aufmerksam-kritisch sahen. Und mit paradoxen Erfindungen (Bildern, Fotos, Instal-lationen) kommentierten. **** In der künstlich herbeigeführten Inflation von Kunst und Kreativität, mit der seit etlichen Jahren Kunst und Kreativität in diesem Stadtteil entwertet werden, ist es für jeden ernsthaften Künstler auf der Elb-Insel zwingend notwendig, auf Distanz zu gehen. Um der allgemeinen Verramschung, Gleichmacherei, Abwertung zu entkommen. Deshalb hängt in meinem Schaufenster ein Schild, das auf manchen Betrachter paradox wirken mag. Ich habe das Timm Ulrichs-Schild zu meinem eigenen Wohle als Künstler aufgehängt. * Ich war viele Jahre ein notorischer JA-Sager – jetzt lerne ich, NEIN zu sagen.  * Und so sage ich NEIN zu der Phrase „Jeder Mensch ist kein Künstler“. Josef Beuys setzte seinerzeit seine bürgerliche Existenz aufs Spiel und verlor 1972 Professoren- und Beamten-Status, weil er alle abgewiesenen Kunststudium-Bewerber in seine Klasse einlud. Beuys war Überzeugungstäter und handelte ehrenhaft. Seinem Engagement und Werk kann ich auch 40 Jahre später nur meinen Respekt zollen. Nur: Die damalige Situation war völlig anders als heute. DAMALS ging es darum, alte, verknöcherte Strukturen aufzubrechen. Mit dem Spruch „Jeder Mensch ist ein Künstler“ versuchte Beuys auf seine Ideen und Möglichkeiten aufmerksam zu machen, die viele damals nicht sahen. Heute wird dieser Spruch wie auch der „erweiterte Kunst-Begriff“ von Kunst-Beamten instrumentalisiert, denen es nur darum geht, einen schnellen Hype zu schaffen. D.h.: Die "alten Strukturen" wurden so verändert  und das Verknöcherte so aufgebrochen, daß nichts mehr da ist. bzw.: Der Künstler als austauschbarer Waren-Produzent. * Deshalb sage ich NEIN. Und „Betreten der Ausstellung verboten!“. * Es gibt auch ohne mich genug zu sehen.   *R.S.*   

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