Freitag, 14. September 2012

Sei kein Würstchen (2)

Thomas Kohlschmidt publizierte im Mai seine Polemiken, emotionalen Invektiven gegen das, was ihn in/an der Literatur-Szene stört. Ich postete darüber am 10.9.. Da auch ich über jahrzehntelange Erfahrungen mit der Lit-Szene verfüge, wenn auch nicht als Mitarbeiter eines größeren Verlags, greife ich das Thema hier ein zweites Mal auf. * Ich erlebte, neben den normalen Nicklichkeiten, kleineren Streitereien und den Fisematenten, die manche Lyriker, Autoren etc. drauf haben und mit denen sie idealistisch bzw. „ehrenamtlich“ Tätige nerven können, zwei Einbrüche in meiner Tätigkeit als Organisator-Protagonist der freien Literatur- bzw. Poetry-Szene. * Der eine geschah mir beim FSK = Freies Sender-Kombinat in Hamburg. Dort produzierte ich –Gründungsmitglied des Radiomacher-Zusammenschlusses- regelmäßig Radio-Sendungen, in denen ich mit anderen Kunstbüro'lern Lesungs-Mitschnitte brachte, Autoren, Galeristen etc. interviewte, Bücher und Zeitschriften vorstellte.  Etliche Jahre konnten wir diese Arbeit unbehelligt gestalten. Dann wurde eines Tages das Gerücht verbreitet, unsere Sendung („Radio Brisanz“) verbreite „sexistische Inhalte“ und „verharmlose den Faschismus“. Hinter diesen Gerüchten steckten Funktionäre, die auch beim FSK mitmachten, d.h. Leute, die selber keine Radio-Sendungen produzierten, aber wichtige Posten in Gremien einnahmen, um sich dort theoretisch zu profilieren und den Dirigierstab zu schwingen. Ich lud zu einem Treffen ein, um über die Vorwürfe zu diskutieren. Die Gerüchteverbreiter erschienen nicht. Sie sägten jedoch weiter an dem Ast, auf dem wir saßen. So traten wir schließlich aus dem FSK aus. *  Eine andere Geschichte berührte mich noch weitaus unangenehmer, sie war wie ein wuchtiger Tritt in meinen Unterleib. Ein Underground-Autor aus Asperg (bei Stuttgart) veröffentlichte in einer Underground-Postille aus Münster einen absolut ekelhaften, beleidigenden Artikel über mich, in dem ich als Nazi diffamiert wurde, der zu Phantasien von marschierenden BDM-Frauen onanierte und sich besoff. Nun kann man so etwas meinetwegen als „Literatur“ hinstellen, auch wenn sie viert- oder fünftklassig ist. Was mich kränkte, war jedoch nicht der Umstand, daß da jemand offenbar einen Haß auf mich hatte und einen Kanister Gift über mir ausschüttete - er nannte auch meinen Namen. Stärker wog, daß ich den Typen persönlich kannte, u.a. ein Interview mit ihm machte. Und für den ZS-Herausgeber hatte ich kurz zuvor eine Lesung in Wi-burg organisiert, außerdem hatte ich den Mann und sein Heft mehrfach im Radio vorgestellt und zudem Gedichte von ihm publiziert.  Solch eine Brut hatte ich mir quasi selber auf den Hals geladen. Der ZS-Hrsg. entschuldigte sich zwar, aber ich war zu keinem Dialog und zu weiterer Kooperation mehr bereit.  Ich musste einsehen: Ich hatte einen Fehler gemacht. Ich hatte mich viel zu offen auf Leute eingelassen, die mir aufgrund ihrer Underground-Attitüden eigentlich sympathisch waren. Mein Fehler, hier naiv gewesen zu sein. Die Folge war ein weitgehender Rückzug aus der Underground- bzw. social beat-Szene, zu deren Protagonisten ich zeitweilig gehörte. *  Was ich mit diesen Kurz-Anekdoten sagen möchte , ist: Es gibt eine „interessante“, „spannende“ Underground- Mini-Zeitschriften- oder wie immer man das nennen mag-SZENE, in der sehr lebendige, auf wackeligen Füßen stehende Projekte durchgeführt werden.  Nun gibt es Polit-Ideologen, die Künstler, Kreativität und Kultur vor ihren Karren spannen wollen. Dies war die Situation beim FSK. Und dann gibt es Leute, die als Künstler-Dichter leider so schwach sind, daß sie nur über die ideologische Schiene für Radau sorgen und Gegner niederhauen können. Aus beiden Erlebnissen habe ich Konsequenzen gezogen und mich weitgehend zurück gezogen. Für mein Arbeiten und Reflek-tieren war dies nur gut. Mir geht der Ruf voraus, sehr kritisch, ja streng zu sein.  Daran ist etwas Wahres. * Nein. Ein Würstchen möchte ich nicht sein. Wie es ist, von anderen gegrillt zu werden, weiß ich. Es gibt angenehmere Erlebnisse.  *R.S.*

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