Angeblich
stehen Forscher kurz vor der Entdeckung des Schlüssels zum Verständnis und zur
Be-handlung von Psychopathen. Autor Thadeusz
benutzt die Beispiele der Massenmörder Jeffrey
Dahmer und Ted
Bundy, um auf drei Seiten im neuen SPIEGEL nichts Neues über die Genese von Psychopathen zu sagen. Bereits 1913
erschien Karl Jaspers seinerzeit
bahnbrechendes Buch „Allgemeine Psychopathologie“. Seither haben tausende
Psychiater, Kriminologen, Pädagogen, Geistes- wie Naturwissenschaftler,
Persönlichkeitsforschung betrieben und zweifellos wichtige Tatbestände und
Kausalitäten untersucht. Auch die Bedeutung des (Augen-)Kontakts zwischen
Mutter bzw. primärer Bezugsperson und Kind bzw. Säugling ist seit vielen
Jahrzehnten bekannt, mithin psychologische Binsenweisheit.
Persönlichkeitsstörungen und –defekte von Serienkillern wie Dahmer und Bundy
über Begriffe wie „dissozial“ oder „Psychopath“ erklären zu wollen, ist wenig
hilfreich. * Interessant wäre, den Ansatz des austral. Psychologen Dadds mit den Mitteln der neurophysiologischen Forschung fortzuführen
und zu untersuchen, inwieweit bestimmte
Mängel und Verhaltensdefizite der primären Bezugspersonen gehirnorganische Änderungen bei
Säuglingen und Kindern hervorrufen. Alles andere, d.h. eine nicht naturwissenschaftliche Forschung
dreht sich im Kreis und wiederkäut nur längst bekannte Tatsachen. * Autor
Thadäusz nimmt in oberflächlichster
Weise zwei extrem gefährliche Persönlichkeiten als Aufhänger + verschweigt bekannte Tatsachen, mit denen man die
Verbrechen ein Stück verstehen (was nicht „akzeptieren“ bedeutet) könnte. Ted Bundy erfuhr mit Anfang 20, daß
seine angeblich ältere Schwester in
Wahrheit seine Mutter, seine angebl. Eltern in Wahrheit Großeltern und seine angebl. Geschwister in Wahrheit höchstens Halb-Geschwister bzw.
noch weiter entfernt verwandt mit ihm waren. So etwas kann kein Mensch auf
dieser Erde unbeschadet verkraften. Entweder er wird depressiv oder
„geisteskrank“. Dies würde wohl den meisten so gehen. Oder – im Fall Bundy – er
reagiert aggressiv, mit Rache-Bedürfnis.
B. hatte niemanden, der ihm half, das neue ungeheuerliche Wissen zu
verarbeiten. Diese extreme Erfahrung reicht nicht, um die Killer-Karriere B’s
schlüssig zu erklären. Sie ist aber EIN Mosaikstein bzw. EIN Schlüssel zum
Verständnis. Jede menschliche Persönlichkeit, auch die eines Massenmörders, ist
viel zu komplex, als daß sie mit einer mathematischen oder chemischen oder
sonstigen Formel aufgeschlüsselt werden könn-te. SPIEGEL-Autor Thadeusz hingegen suggeriert mit seinen
Ausführungen, es gebe solche Schlüssel oder Formel. *R.S.*
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