Mitte
der 70-er Jahre wurde mir klar, daß meine wilden romantischen Phantasien nicht
in politische Praxis umzusetzen waren. Meine Gruppe, die „Schwarze Hilfe
Hamburg“, wurde zu einer Rekru-tierungsstelle für Extremisten und Chaoten. Ich
war selber extrem und chaotisch, wollte mich aber nicht vor den RAF-Karren
spannen lassen. Ich fing wieder an, Gedichte zu schreiben. * 1989, mit dem
Niedergang des „realen Sozialismus“, setzte ein Umdenken ein, von der auch verschiedene linke scenes betroffen waren. Die
heutige Anarcho- und linksradikale Sub- bzw. Sozio-Kultur ist mit der damaligen
kaum zu vergleichen. Es gab auch in den 70-ern schon Aufsplitterungen in
pazifistische, Sponti-, syndikalistische und kommunistische A-Strömungen, auch
von Spaß-Guerilla war bisweilen die
Rede. Aber Einiges war anders. * Bemerkenswert an gegenwärtigen A- und
linksradikalen scenes finde ich ein
Sprach-Bewußtsein, das pointierter und ausgeprägter ist als in den 70-er
Jahren. Sprache wird als Indikator für richtige Haltung und Bewußtsein
angesehen, hoch-moralisch. In den 90-er Jahren nahm ich an einer Versammlung
teil und bezeichnete einen bestimmten Alt-Linken als „Diva“. Damit wollte ich
auf Allüren hinweisen, die ich bei dem Mann erlebte. Das von mir verwendete
Wörtchen wurde als „sexistisch“ kritisiert. Ich fand das seltsam und
abtörnend. Bei anderer Gelegenheit wurde ein Argument von mir als „typisch DVU“
interpretiert. Ich halte mich zwar nicht für „sexistisch“ und käme auch nie auf die
Idee, Deutsche Volks Union zu wählen. Aber offenbar gibt es in der (radikalen)
linken Szene Menschen, die besonders sensibilisiert sind für richtige und
falsche Sprache. Es entbehrt nicht der Logik, von bestimmten Worten auf
politische Haltung und Gesinnung zu schließen. Aber hier kann mensch sich auch
täuschen. Wer einigermaßen clever ist und nicht auffallen möchte, paßt sich in
seinem Sprachgebrauch dem jeweiligen Jargon an. Wer wie der „Fisch im Wasser“
(Mao) schwimmen will, kleidet sich entsprechend und redet in der jeweils passenden
Sprache. Und schon ist die Rolle perfekt. Es gibt keine besseren Mittel, um
eine bestimmte soziale Identität zu erreichen. * Ich erwarte von Menschen, die
die Gesellschaft ändern wollen, durchaus sprachliches Feingefühl. Ich finde es
jedoch lästig und abtörnend, wenn im Gespräch jedes Wort auf die Gold-Waage
gelegt wird. Als Künstler will ich mich frei
äußern, und gestehe dies auch meinem Gesprächs-Partner zu. Ich bin nicht
auf Gegner und Feinde fixiert. Ich habe welche, leider. Oder sollte ich sagen "Viel Feind, viel Ehr"? Klar ist: viel schöner, als
einem Gegner eins auszuwischen ist, einen neuen Freund zu finden oder
einen interessanten Menschen zu treffen. Der kann auch ein politisch
Andersdenkender sein. Na und? Ich finde kaum etwas langweiliger als zwei
Individuen oder Gruppen von Menschen, die sich gegenseitig nach dem Maul reden.
Um wieviel befriedigender und aufregender müsste es sein, als Gruppe eine
Ausstrahlung und Attraktivität zu gewinnen, die sie auch für Andersdenkende
anziehend macht. * Ich will andere Menschen, anderes Bewußtsein, andere
Situationen, andere Gefühle, andere Zustände. Was passiert, wenn man
Naturgesetze außer Kraft setzen will? Ich meine physikalische Gesetze... * Im Dickicht der Großstadt ist es gut, ein paar Orte zu kennen. meint der Blogger
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