Montag, 22. Oktober 2012

Gentrifizierung ultra (2)


Die SZ brachte am Samstag einen Bericht über gewisse Aspekte bei den Vorbereitungen auf die WM 2014 und die Olympischen Spiele 2016 in Brasilien. In Rio de Janeiro sollen ganze Viertel abgeris-sen werden, um darauf Stadien und andere Spielstätten zu errichten. Als Ersatz werden Woh-nungen in Neubauvierteln angeboten, jeder Vertriebene soll eine „Einheits-Wohnung“ von 40 qm erhalten. * „Brasilien fackelt nicht lange, wenn eine Minderheit dem Fortschritt im Weg ist. Für das Kraftwerk Belo Monte an einem Nebenfluss des Amazonas müssen Dschungel und Indianer verschwinden, für Olympia trifft es eben Vila Autódromo. Rio versucht, strategisch wichtige Favelas zu befrieden und aufzuräumen. In dieser Kleinsiedlung gibt es zwar weder schwer bewaffnete Drogen-dealer noch Milizen, doch als Schandfleck gilt das Gewirr trotzdem. "Umweltschutz ist ein Argument gegen die Armen, damit sich die Reichen noch weiter ausbreiten können", findet Inalva Mendes Brito. Für sie ist dies ein abgekartetes Spiel. "Die Gesetze machen die Fifa und das IOC." (SZ) *** Es  gibt Parallelen zwischen Brasilien und Deutschland. Dem brasilianischen Staat sind die Favelas (Armenviertel) ein Schandfleck, weil man „arm“ für häßlich, „reich“ dagegen für schön hält. Der hiesigen Politik ist Wilhelmsburg ein Schandfleck, weil Schill 2001 in diesem Stadtteil mit 34.9 % die  besten Ergebnisse erzielte. Die Gentrifizierung bietet probate Mittel, um die Bevölkerungs-Struktur zu ändern. Bis 2009 bekamen alle Studenten, die sich hier ansiedelten, 100 € Mietpreis-ermäßigung pro Monat. + siehe da: Die Bewohner-Struktur (+ damit auch die Wähler-Struktur) hat sich tatsächlich geändert, spürbar. *  Die bevorstehende Zwangsumsiedlung  tausender Menschen in Rio und anderswo, die für die WM und Olympia Platz machen sollen, führt zur Bildung von Volks-Komitees und anderen Initiativen. Immerhin wird die Entwicklung im Ausland kritisch gesehen – da kann der brasilianische Staat nicht ganz so rigoros vorgehen, wie er gerne täte. Verglichen mit dem, was in anderer Größenordnung und weitaus brutaler auf dem südamerikanischen Kontinent geschieht, erleben wir hier vergleichweise Gentrifizierung LIGHT. Aber auch die führt zu tiefgreifenden Änderungen und teilweise zu einer Spaltung bei der hiesigen Bevölkerung. Aber machen wir uns nichts vor: Am Ende siegt bei den meisten Bürgern die „Vernunft“, d.h. die Einsicht, daß man „sowieso nichts machen kann gegen die da Oben“. SPD und Grüne werden die Gewinner sein. Vielleicht –wahrscheinlich- gibt es im nächsten Jahr noch ein paar Aktionen gegen IBA und igs. Der weitaus größte Teil der Bevölkerung wird daran jedoch nicht teilnehmen. So wie bisher auch. Der Staat verfügt nicht nur über äußere Mittel und sichtbare Macht-Institutionen, sondern hat sich als höchste Instanz und Inbegriff der Vernunft in den Köpfen der Menschen eingenistet. Meint     *R.S.*        

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