Der bekannte französische Schriftsteller und
Filmemacher Emmanuel Carrere schrieb
eine Biografie über den russischen Schriftsteller und Polit-Aktivisten Eduard
Sawenko alias der Limonow. Einfühlsam beschreibt Carrere das Leben
des Mannes, der selber viel veröffentlichte, Romane wie auch Lyrik, und höchst
erfolgreich. Vor allem in Frankreich und in Rußland wird er gelesen. Limonow ist mit seinen Äußerungen wie
seinem ganzen Leben in höchstem Maße political
non correct. „Mit seinen Tätigkeiten sucht Limonow nach wie vor den
Skandal, die Provokation. Er unterstützte die Putschisten gegen Boris Jelzin, kämpfte auf
der Seite der Serben im Jugoslawienkrieg
und auf der Seite der Abchasen
gegen die Georgier und saß als designierter Innenminister im Schattenkabinett
des Nationalisten Wladimir
Schirinowski.“ (Wikipedia). Mit anderen Worten: Er zählt politisch
zur extremen Rechten. Bei der Lektüre des Carrere-Buchs bin ich hin und
hergerissen. Einerseits fasziniert und positiv beeindruckt von der Genauigkeit
und präzisen Recherche des Autors, andererseits befremdet, da er so viel auch über sich selber schreibt. Seltsam stieß
mir eine Passage auf, in der C. eine lang zurückliegende Begegnung mit dem Regisseur
Werner Herzog beschreibt und ihn als
quasi Faschisten hinstellt. Weil Herzog ein Carrere-Buch, das er nicht gelesen
hatte, als „Bullshit“ bezeichnete. Den Ärger kann ich nachvollziehen, aber den
Faschismus-Verdacht finde ich überzogen. Ein wenig selbstmitleidig finde ich
C., wie er sich als unbekannten Autor in den frühen 80-ern beschreibt, der
während der Filmfestspiele in Cannes hinter einem Bücher-tisch stand – und
praktisch übergangen wurde. NA UND!, denke ich. Wem ist nicht schon
Schlimmeres passiert. Andererseits –wurde
mir klar- kann
man C. die Anekdote und Wortwahl auch als Ausdruck von Redlichkeit und
Ehrlichkeit zugute halten. Sensibel ist der Mann sowieso. Wie auch Limonow. Auch wenn der stets den ganz
Harten, den Helden, den Underground-Schriftsteller und Dichter herauskehrt. Und auch ist:
Ein harter Typ (“Drecks-kerl“),
ein Held, ein Underground-Schriftsteller und Dichter. Alles in Einem. Mit diesen Eigenschaften eckt er an, kann
nicht anders als anecken. Helden sind wahrlich nicht mehr gefragt. Ich erinnere
an den literarischen Topos des Anti-Helden, der bei uns ab den späten 60-er
Jahren Furore machte. Und nicht nur als litera-rischer Topos. * Limonow gab die Zeitschrift Limonka (dt.=Handgranate) heraus, das non-kommerzielle Zentral-Organ
der nationalbolsche-wistischen Partei, die später verboten wurde. L. saß u.a.
deshalb zwei Jahre im Gefängnis. Carrere beschreibt das Heft als ein Fanzine, das vor allem von rus-sischen
Punks gelesen wurde, die später oft selber in der antikapitalistischen wie
antiamerikanischen NBP (Nat. Bolsch.Partei) mitmachten. * Ich merke beim
Schreiben, daß ich Ähnliches tue wie C., dem ich dies zum Vorwurf mache,
nämlich mich selbst ins Spiel zu bringen. Ich kann, ehrlich gesagt, nicht
anders. Ich werde aufgewühlt bei der Lektüre. Diese Biografie ist alles andere
als ein Sachbuch, kalter Gebrauchsgegenstand. * Ich bin fasziniert und angetan
von dem gut 400 S. starken Buch (Verlag Matthes
+ Seitz). Es ist ein Werk über einen anstößigen russischen Autor, und
zugleich darüber, welche Sorgfalt und Genauigkeit ein Schriftsteller walten
lassen muß, um mit einem komplizierten und schwierigen Thema zu reüssieren. * Carrere
nennt Limonow meist beim Vornamen, wie eine Freund. Auf „höherer“ Ebene
verbindet die beiden wohl so etwas wie Freundschaft – auch wenn sie politisch
Welten auseinander sind. * Jetzt fehlt mir nur, Limonow im Original zu lesen. Mehr als nur in den winzigen Auszügen, die das Buch über ihn bietet. *R.S.*
1 Kommentar:
Merci pour cette excellente critique.
Je crois que Limonov n'est pas plus un fasciste que Werner Herzog .
Les idoles de Limonov sont Che Guevara, Pasolini et Jean Genet..
Ce n'est les gouts d'un fasciste, mais ceux d'un révolutionnaire.
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