In regelmäßigen Abständen wird von Moderatoren der
Montags-Demo (Mönckebergbrunnen) betont, daß „Alle außer Faschisten“ ihre Meinung sagen oder Statements abgeben
dürfen, per Mikro. Neu ist der Hinweis „Wir wollen keine unflätigen Wortbeiträge“. Was
haben wir uns unter „unflätigen“ Worten vorzustellen?
Kraftausdrücke wie „Scheiße“, „Fuck“,
„Arsch-löcher“, „Heinis“, „Pißnelken“, „Schweine“, „bürokratisches Gesocks“,
„Wixer“, „Arschkriecher“ usw? Ich war jetzt gut drei Monate bei den
Montags-Demo fast jedesmal dabei. Ich erlebte zwar noch keine „Faschisten“
dort, aber man/Frau will sich offenbar unbedingt als „antifaschistisch“
profilieren. Kommen deshalb mehr Leute? Was
die Abwehr und Furcht vor „unflä-tigen
WortWortbeiträgen“ betrifft,
so kann ich nur einen erstaunlichen Mangel an Empathie (Einfühlungsvermögen)
feststellen. Jeder, der sich mit den Problemen Arbeitslosigkeit, HartzIV, Unterbezahlung,
1€-Jobs befasst, weiß, daß es hier um Menschen geht, die enorm unter Druck
stehen. Dieser Druck, der zu Verzweiflung, Wut, Resignation führen kann, muß
erst einmal heraus. Das ist das Erste. Die Sprache ist auch ein Ventil, kann die Funktion eines Abflusses, Schlauchs,
Rohrs haben. Daß etwas rauswill bzw.
rausmuß, bei diesen Verhältnissen,
bei diesen Triezereien, Gedemütigt- und am ausgestreckten Arm gehalten werden,
Ungerechtigkeiten, mit denen HartzIV-Empfänger_innen ständig konfrontiert werden,
ist eigentlich sonnenklar. Die
Forderung, keine „unflätigen
Wortbeiträge“ abzuliefern, ist quasi eine Zensur. Es kommt einer
Aufforderung gleich, die Sprache zu beschneiden und sich an die Gegend, in der
die Montags-Demo stattfindet, anzupassen. Shopping-Möglichkeiten für Gut- und
Besser-Verdienende. Ich bin selber „arbeitslos“. Inzwischen habe ich den
Eindruck, daß ein Großteil der Montags-Demonstranten sich in die Situation von
Arge- und HartzIV-Empfängern nicht hinein-versetzen kann. Wahrscheinlich sind
sie selber nicht arbeitslos und wissen nicht, wie es IN einem HartzIV-Empfänger
aussieht. ** Beim letzten mal waren wir nur noch ca. 10 Leute. Die Hälfte oder
mehr als die Hälfte davon MLPD-Leute (Marxistisch-Leninistische Partei
Deutschlands). Im Grunde habe ich nichts
gegen sie, einige finden ich sogar sympathisch; sie nehmen ein demokratisches
Recht wahr und sorgen für Logistik (Mikrofon-Anlage). Ich habe jedoch etwas
dagegen, daß Wortbeiträge um ihren emotionalen Ausdruck beschnitten werden. Ich
bin für das Freie Wort. Und was frei ist, bestimmt nicht ein Moderator, sondern der-die Redner_in
selber. „Unflätige Worte“ sprich
Obszönitäten können befreiend wirken. **
Ich bin sehr enttäuscht. Es gibt offenbar –was mir anfangs nicht klar war- eine
Hierarchie bei der Organisation der Hamburger Montags-Demo. Ein MLPD’ler sprach
einmal von „Streitkultur“ – was ich sehr gut fand, sozusagen als Basis für
Diskurse. Inzwischen glaube ich nicht mehr, daß der Hinweis auf „Streitkultur“
ehrlich und echt gemeint war. *** Dies
ist mein ca. 15. Blog zum Thema Montags-Demo. Bis heute erfuhr ich keinerlei
Reaktionen auf meine Statements. Das ist sehr wenig bei einem Anspruch auf
„Streitkultur“. Andererseits wurde mir schon das Mikro aus der Hand
genommen. Ich bin sehr enttäuscht von
der Klein-kariertheit einiger Mo-Demonstrantinnen. Hier findet keine Öffnung
statt in einen breiteren Diskurs, bei dem Passanten, Neugierige, Andersdenkende
einbezogen werden. Hier entwickelt sich nicht eine breite Bewegung, sondern eine
Sekte. Um Passanten, Neugierige usw.
einzubeziehen bedarf es rheto- und animatorischer Fähigkeiten. Polit-Phrasen
reichen nicht aus. **RS**
2 Kommentare:
LINK:
http://www.youtube.com watch?v=sBwVO3pRrUo
Zum Thema!!
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