Das
2011 erschienene Buch trägt den Untertitel „Eine
Provokation“. Ach, denkich, p r o v o
z i e r e n? SPIEGEL-Matussek will p r o v o z i e r e n? „Vor Spielbeginn“ ist das Vorwort
überschrieben. – „Das Ganze nur ein Spiel?“
... ich lasse mich tatsächlich provozieren.
Ich bin leicht empört, denn ich
traue dem SPIEGEL nicht: Dessen Wahrheiten sind auf Quote angelegt, dieser Journalismus ist fixiert auf den Verkaufswert von Nachrichten; so ein
Deal ist in meinen Augen leicht minderwertig. * Aber dann beginne ich Sätze
anzukreuzen, zu unterstreichen, z.B. S. 10 „Mich
haben schon immer Men-schen interessiert, die sich in eine andere Sphäre
spannen. Die mit einem Bein in der Luft leben. Die Träumer, Romantiker,
Dichter, Lebensdeppen, heiligen Idioten, ungelenken Stümper, Randmenschen,
Größenwahnsinnigen, Kleinmütigen, Gottesvergifteten.“ Das klingt
interessant, da kann ich was mit anfangen denkich; NICHT gemeint sind
jedenfalls die Normalmenschen, also z.B. die, die mir bei meiner Lohnarbeit auf
die Nerven gehen ... weil sie abgestumpft sind und NICHTS merken. Was meint
Matussek mit „Gottesvergifteten“? –
Der nächste Satz, den ich mit Bleistift unterstreiche, steht auf S. 11: „Wir schwimmen in einem Ozean aus
Relativierungen...“ Und ein paar
Zeilen weiter „Zur Polemik: Es geht nicht
ohne“. Ein Satz nach meinem
Geschmack. Mein Podium = Blogseite ist
vergleichsweise winzig, aber fest steht: Polemiker
bin auch ich. Ich will mich hineinschreiben in die Herzen oder
Hirn-Regionen meiner Leser. Nächster Matussek-Satz: „Das Beten haben wir verlernt, aber nicht das Streiten...“ WAS,
denke ich, „wir“? Ist das nicht ein TRICK?: Der Autor bietet sich als
Identifikations-Figur an, denn eigentlich
ist er doch ALLEIN, oder! Immer noch S. 11: „Unsere Bewusstlosigkeiten und die Zerstreutheiten in den Komfortzonen
nehmen zu“ ... Oke ... setze ich meinen inneren Dialog mit dem Autor fort,
blättere weiter, kritzle wild herum. Ich bin ein ziemlich mißtrauischer Leser, vor allem wenn ein Autor mir das „wir“ anbietet , d.h. auf Identifikation
setzt. * Das erste Kapitel im ersten Abschnitt ist überschrieben „Training mit dem Teufel“ und beinhaltet
eine aktuelle Abhandlung der sieben Tod-sünden. Aktuell, aber keineswegs
modisch. Ich bin zwar katholisch, aber ein schlechter Kathole bzw. ein Sünder.
Matussek ist kein Katechet oder Scholastiker, sondern bezieht sich in seinen
Statements zu den Todsünden auf sehr weltliche, hochpolitische, im zumindest
weiteren Sinn religiöse Dinge, er
polemisiert. Das gefällt mir. Inzwischen kritzle ich die Seiten voll + kreuze
Sätze an, die ich zitieren will. * Der Abschnitt S. 43-78 ist mit „Das katholische Abenteuer“ überschrieben.
Die einzelnen Kapitel behandeln chronologisch die VITA des Autors, d.h. seine
Entwicklung als Katholik. Eine literarische Selbstdarstellung. Es ist
tatsächlich eine Entwicklung zu
spüren. Ich stecke da, vergleichsweise, voller Ressentiments. Trotz. * „Der Thrill der Wahrheit“ S. 79-87 –
jetzt wird’s endgültig wirklich spannend,
es geht ans „Eingemachte“, bei MIR jedenfalls bei DEM Thema. * S. 88: „Spielbericht: Ohne Gott läuft garnichts“ ist
das Kapitel überschrieben. Haha, behauptet der Autor, denke ich. Der Autor ruft
etwas in mir hervor (: bin provoziert). S. 90 finde ich wieder etwas zum Zitieren,
Sätze des „Pater Brown“-Erfinders G.
Chesterton: „Das mystische Moment ist es,
was den Menschen im Laufe ihrer Geschichte die Gesundheit erhalten hat. Solange
es das Mysterium gibt, bleiben die Menschen gesund, zerstört man es, liefert
man sie dem Verfall aus.“ Ist das wirklich WAHR? Diese Sätze geben mir zu
denken. Man braucht RAUM zum Denken ... Ich lese mich tiefer und tiefer in das
Taschenbuch hinein, mache Anmerkungen. + sehe NUN, nach der Lektüre des
Kapitels „Die Axt Gottes“, den 2000
verstorbenen + höchst provokanten Erzbischof DYBA positiv ... eher positiv als
negativ ... Sogar DEN sehe ich jetzt
eher positiv, denn er war ein Vertreter der alten
Kirche, die noch strenge Normen vertrat ... Matussek macht Mut, zu
unbequemen Meinungen zu stehen, wie Dyba es auch tat. * Das Buch umfasst gut 360 Seiten + ist die
9,99 € wert, die ich zahlte. Dem Autor gelingt es, mich zeitweise aus meiner
Reserve zu locken. Vielleicht ist es gar nicht mal schlecht, ein paar
Ressentiments zu bewahren. Und sich gleichzeitig anregen zu lassen ... DENKICH **RS**
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