Eine
Anzeige in der Kunst-Zeitung machte
mich neugierig. Dort wurde Reklame gemacht für eine Ausstellung in Bonn, Titel:
Narren
Künstler Heilige. Abgebildet war
ein Gemälde aus dem frühen 17. Jhdt., das eine über
Mittelgebirgslandschaft schwebende Frau zeigt. Leider waren meine Erwar-tungen
zu hoch bzw. falsch. Der Katalog, den ich mir schicken ließ, enthält überwiegend
Fotos von ostasiatischen, indianischen, afrikanischen usw. Masken und
Fetischen, von sehr alt (900-500 v.Chr.) bis 20. Jhdt. Viele ähnliche Abb. kenne ich aus dem
Hamburger Völkerkunde-Museum. Von europäischer „Fetisch-Kultur“ enthält das
Buch ein paar Fotos von Masken und Kostümen aus der Schweiz. Und weiter? Die Texte sind hoch-wissenschaftlich und
erlesen, mit Überschriften wie „Die Kunst
der Unordnung“, „Sachverständige der Monsterwelt“, „Das Tohuwabohu der
Grenzgänger“, „Die Götter der alten Religionen, die Unordnung der wilden
Gottheiten“ etc. Die Autoren und Autorinnen haben sich Gedanken gemacht und
bestimmt etliche Bücher, Broschüren etc. gelesen. Von daher sind sie
kompetent. Wie kommt es aber, daß die
Texte mich kaum berühren und mir, obwohl recht aktuell, irgendwie „bekannt“ vorkommen? * Ach ja, es
wurden Abb. von Künstlern hinzugefügt, Josef Beuys paßt da noch am besten rein.
Picasso irgendwie auch. P. setzte
sich zeitlebens intensiv mit sog. „Primitiv“-Kultur auseinander und verarbeitete die Eindrücke und
Erkenntnisse in seinem Werk. Ein Text-Beitrag bezieht sich auf den Harlekin,
ein häufiges Bild-Motiv bei Picasso. Ich
schätze den Hermann Nitsch als
Künstler, Maler, Performer. Aber was hat sein Schüttbild Sevilla 92 in diesem Katalog verloren? Oder Jonathan Meese, dessen Zeichnungen und
Skulpturen ich gut finde und der mit einer Multi-Phallo-Skulptur vertreten ist:
Ein Künstler ist der Mann sicher, hochkarätig
gar, aber ein Narr oder Heiliger wohl
kaum. Eher ein cleverer Selbstdarsteller, der als ewig Pubertierender in der
Kunst- und Hoch-Kultur-Welt für Erheiterung und Staunen sorgt. Drei Fotos
zeigen einen Halbnackten, der einen ganz Nackten an einer Kette hält, hinter
sich herzieht usw. (aus einer Performance von Oleg Kulik von 1994). Na und? * Ich vermisse Fotos-Zeichnungen-Berichte über Till Eulenspiegel, die Figur des Hofnarren, Hans Wurst und Kasperle.
* Das, was über exotische Masken und Fetische von „Naturreligionen“ etc. an
Magischem dem Betrachter nahegebracht
wird, gibt es im europäischen, christianisierten Rahmen auch. Wenn auch in anderer, vielleicht sublimerer Weise. Hätte der Intendant
der Kunst- und Ausstellungshalle der BRD Robert
Fleck nicht wenigstens in zwei, drei Sätzen auf Eulenspiegel & Co.
Hinweisen können? Ich finde auch keinen Verweis darauf, daß nicht nur Picasso,
sondern auch zahlreiche andere unbekannte/re
Künstler Impulse der sog. „Primitiven“ aufnahmen, etwa im „L’art brut“. * 30 Euro kostet der Katalog, ist
hoch-professionell hergestellt, 1a sauber etc, „Lob der Torheit“ lautet der
Untertitel. Vielleicht bin ich 1 Tor, so viel Geld auszugeben? R.S.
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