Dienstag, 14. Juni 2011

Katharina Jensen - Pieselotten



Im Wilhelmsburger Heimatmuseum (Kirchdorfer Str. 163) läuft eine ungewöhnliche Ausstel-lung. Katharina Jensen zeigt bis zum 3. Juli aus Stoff drapierte Figuren, die sie auf Pappe klebt. Sie nennt die Kunstwerke Pieselotten. Ihre Bild-Motive: Porträts, Tiere, Paare; der un-verhüllte menschliche Körper: Sex pur. Durch die nicht alltägliche "Mal"-Technik wirken die Darstellungen nicht pornographisch, sondern vermitteln einen poetischen Reiz. Die Künstlerin bleibt ihrer Geschichte treu - als Schülerin Otto Muehls. Der Mann experimentiert seit Jahrzehnten mit unterschiedlichsten Methoden und Materialien, stets orientiert an der Kunst- und Menschen-Geschichte. * Ich war viele Jahre nicht im Heimatmuseum. Mein Eindruck: Die neue Leitung sorgt für frischen Wind, öffnet -durch Lesungen, Konzerte u.a.- die Einrichtung für andere Ausdrucksformen. * Der Kuchen schmeckte mir übrigens vorzüglich; ich plauderte mit einigen Damen und Herren. Ein anregender Nachmittag... * Öffnungszeiten: Jeden Sonntag 14-17 Uhr, der Eintritt ist kostenlos. Weitere Infos: www.museum-wilhelmsburg. de *R.S.*

Samstag, 4. Juni 2011

Hellmuth Karasek - Auf der Flucht


Der 1934 geborene Autor erzählt sehr spannend und lebendig seine Lebensgeschichte. Im Alter von zehn Jahren floh er mit seiner Familie vor der Roten Armee von Bielitz (heute Bielsko-Biala, Polen) über Zwischenstationen nach Bernburg (Saale). Während des Krieges war er einige Monate war Schüler der Napola (Nationalpolitischen Erziehungsanstalt). Nach dem Abitur übersiedelte er aus der DDR in die Bundesrepublik. * Bisher kannte ich Karasek nur als Mitglied der TV-Sendung "Literarisches Quartett" und als Journalisten, der im "Spiegel" und in diversen anderen Magazinen Bücher besprach. Offenbar saß ich einer Klischee-Vorstellung auf, nämlich: Auf der einen Seite gebe es Kritiker und Feuilletonisten, die theoretisch eine Menge von Literatur und vom Handwerk des Schreibens verstehen - und auf der anderen Seite die eigentlichen Dichter und Schriftsteller. "Auf der Flucht" belehrt mich eines Besseren: Exzellente Kritik und hervorragende Erzählkunst können durchaus in einer Person vereinigt sein. * Ein u.a. sehr gebildeter Mann nimmt mich mit auf seine Reise durch mehrere Jahr-zehnte. Ich erfahre eine Menge Dinge, von denen ich bisher nichts wusste, etwa aus der Verlags- und Theater-Welt. Darunter auch einiges, was -je nach Geschmack- auch unter die Rubrik "Klatschund Tratsch" eingeordnet werden kann - was mich jedoch nicht stört. Die Erinne-rungen werden dadurch nicht abgewertet, im Gegenteil. Karasek nimmt keine falsche Rücksicht, schreibt stets fair und unterhaltsam über Menschen, mit denen er zu tun hat und hatte. * Nur am Schluß der gut 500 Seiten umfassenden Erzählungen habe ich den Eindruck, daß er unter Druck geriet und mit dem Buch fertig werden wollte. Das schmälert meine Begeisterung nur unwesentlich. Ullstein, isbn 3-550-07585-5 2005 *R.S.*