Donnerstag, 1. Mai 2014

Uwe Timm gestorben

Der Autor Uwe Timm ist gestorben. Nein, nicht der berühmte und erfolgreiche Literat gleichen Namens, sondern Uwe Timm aus Neu-Wulmstorf (bei Hamburg). Ich lernte Uwe Mitte/Ende der 90-er Jahre kennen. Spannend für mich, daß es einen Alt-Anarcho gab, einen der noch vor den 68-er Plattmachereien libertär war, freiheitlich gesinnt. Uwe und ich gestalteten ein paar Lesungen gemeinsam, ich schrieb über seine Zeitschrift espero im Kunstbüro-Organ herzGalopp-Zeitschrift für Poesie + Lebenskunst, erzählte auch in Radio Brisanz davon, veröffentlichte in der Kunstbüro-Anthologie "Feldpost 2000 - Deutschland wieder im Krieg" seinen Aufsatz "Ohnmacht der Ver-nunft" und zuletzt drehte ich gar ein Filmchen über espero:   https://www.youtube.com/watch?v=N8o35Ydir4Y  . ** Ein Mann ist gestorben, mit dem mich theoretisch-abstrakt die Ablehnung einer auf unmenschlichen Werten basierenden Gesellschaft verband, mit dem ich jedoch nie einen Konsens fand in den Mitteln, mit denen diese Gesellschaft zu ändern sei. Ich war der Meinung, dies gehe über Kunst, Psycho-Analyse, freie Sexualität, Abschaffung der Ehe - Uwe setzte ganz auf Ökonomie. Er kritisierte das Geldwesen in diesem Land, lebte bürgerlich (verheiratet, zwei Kinder) - und wurde von manchen Linksradikalen ausgegrenzt als "Spacken". Uwe litt, glaube ich, unter diesen arroganten Anfeindungen, aber er führte keinen ideologischen Krieg, sondern zog sich mehr + mehr aus der vordergründig "linken" Szene zurück und konzentrierte sich auf seine Kreise: Autoren, die für espero schrieben, aber auch für eigentümlich frei (deren Website entnahm ich die Meldung über seinen Tod), kritische Magazine, aber auch konservative. Vor etlichen Jahren wurde der Begriff Anarcho-kapitalismus geprägt. Ich denke,  daß dieser Begriff ziemlich präzise wiedergibt, was Uwe und etliche Mitstreiter (z.B. von eigentümlich frei) denken, tendenziell. Der Kapitalismus läßt, trotz allem Fehlerhaften, Nischen zu, die ich - wir besetzen können. Diesem Stadnpunkt habe ich mich inzwischen angenähert. Die "Freie Marktwirtschaft" läßt, auch wenn sie für manche, die zwischen ihre Mühlen geraten, Niederlagen und persönliche Katastrophen bedeuten, trotz Allem Freiräume zu, die es in (linker) Planwirtschaft eben nicht gäbe (bzw. die zu erkämpfen einen erheblichen Mehraufwand an Energie kostete). Für diesen Gedanken wurde Uwe von einigen Linken als "Verräter" angesehen und gleich noch mit dem bösen Wörtchen "Spacken"  denunziert. ** Im letzten Jahr ging es Uwe gesundheitlich schon sehr schlecht, er musste einen Vortrag über Max Stirner ("Der Einzige und sein Eigentum"), den Links-Hegelianer und Mitbegründer des Individual-Anarchismus in meiner Wilhelmsburger Philosophischen Runde leider absagen. In der letzten oder vorletzten Ausgabe von espero erschien von mir ein Artikel über Gentrifizierung, aber da war der persönliche Kontakt schon merklich reduziert. *** Wir waren sehr unterschiedlich - und haben doch einiges zusammen gemacht. Schön, sich daran zu erinnern.  Uwe wurde 82 Jahre alt (5.2.1932-7.3.2014).
                                         *RS*  

                                                                    Foto: Wikipedia

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