Montag, 30. Januar 2012

Chantal (3)


Die BILD veröffentlichte heute den Original-Brief des VSE (Verbund sozialtherapeutischer Einrichtungen), in dem dieser dem Wilhelmsburger Paar, welche das Mädchen als Pflegekind nehmen wollte, 2007 ein positives, ja geradezu euphorisches Zeugnis ausstellt. Wie ist sowohl Blindheit möglich? Der VSE war nicht der erste Verein, der sich täuschen ließ. Die AIW (Arbeitslosen-Initiative Wilhelmsburg) ließ sich zuvor von dem drogenabhängigen Paar an der Nase herumführen und stellte Frau L. als Leiterin der Wilhelmsburger Tafel im Deichhaus ein. Das muß ein Schlaraffenland für sie gewesen sein, denn sie verdiente dort nicht nur gutes Geld, sondern konnte sich und ihre Familie auch kostenlos mit Essen versorgen. Bis sie, wie ich durch die Zeitung erfuhr, wegen mehrfacher Unregelmäßigkeiten bzw. Fehlbeträgen in der Kasse 2009 entlassen wurde. Im Nachhinein kann man nur als cleveren Schachzug bezeichnen, daß ihr Mann sich in den Vorstand des AIW-Vereins wählen ließ. Ich bin übrigens Mitglied dieses Vereins, erfahre aber die meisten Dinge, was das Paar betrifft, aus der Zeitung. Möglicherweise ließ sich der VSE bereits durch die blendende Position der beiden in der AIW täuschen. Bei der AIW –diese Erfahrung machte ich mehrmals- haben Menschen das Sagen, deren Menschenkenntnis sich aus Blindheit, Taubheit und politischem Kalkül, sprich: Opportunismus ergibt. Wunschdenken, Ressentiment und Blauäugigkeit ergeben eine abenteuerliche Mischung. Je mehr Fakten auf den Tisch kommen, die Behörden-Versagen dokumentieren, desto weniger wundere ich mich. * Besonders gruselig finde ich, daß sich zumindest eine Nachbarin schon im letzten Jahr beim Jugendamt über die Zustände in der Pflegefamilie beschwerte - aber offenbar auf taube Ohren stieß. Wenn diese Sache, über die ich in der Zeitung las, stimmt, dann müssen sich die Verant-wortlichen aus dem Bezirksamt und vom VSE nicht nur wegen dem Tod der 11-Jährigen verantworten, sondern sich auch dafür entschuldigen, daß sie auf warnende Hinweise nicht hörten. Solche Ignoranz ist zum Kotzen. Es geht hier nicht um kindliches „Petzen“, sondern darum, daß warnende Hinweise in einem Stadtteil, in dem bereits 3 Jahre zuvor ein Kind aufgrund krassen menschlichen Versagens ums Leben kam, nicht ernst genommen wurde. ** Hüten wir uns also davor, bei allem Unmut, Zorn und berechtigter Kritik an den Pflege-Eltern die politische Dimension nicht aus den Augen zu verlieren. Drogensucht, familiäre Verwahrlosung und Ausnutzung von Abhängigkeit sind Probleme dieser Gesellschaft. Politiker schieben ihre Verantwortung gern auf Andere. Wem kann man noch trauen? * Am FR., den 3.2. soll es ab 18 Uhr einen Schweigemarsch geben. Treffpunkt ist der Stübenplatz. *R.S.*

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