Montag, 16. November 2015

Kritik als Dekoration (Hamburger Uni)

Als ich in den 70-er jahren an der Hamburger Uni Pädagogik studierte, war der gesamte Betrieb total politisiert. Diskussionen zu Beginn von Seminaren oder Vorlesungen waren nicht selten, sondern die Regel. In praktisch ALLEN Veranstaltungen wurde ausgiebig kritisiert und diskutiert. * Inzwischen haben sich die Verhältnisse radikal geändert. Durch meine Assistenz für einen körperbehinderten Studenten komme ich regelmäßig in das Institut für Sozialökonomie auf dem Uni-Campus, Von Melle Park 9. Dort hängen nun in Seminar-Räumen kritische Cartonns, Karikaturen u.ä. von Seyfried und anderen. Was damals als radikaler und "direkt" gemeinter Protest an die Wände gemalt wurde, hängt nun -als Dekoration- in den Räumen. Der gesamte Uni-Betrieb ist mittlerweile so entpolitisiert und auf Regelstudien-Zeit transoformiert, daß es sich die Verantwortlichen leisten können, Kritik und Satire offiziell zuzulassen. Der Schritt von Satire als Kritik zu Satire als Dekoration ist gewaltiger, als es auf den ersten Blick vielleicht anmutet. *** Falls ich noch einmal studieren würde, würde ich vieles ANDERS machen. In den 70-er Jahren vernachlässigte ich mein Studium zugunsten von Polit-Aktivitäten (als "Undogmatischer" im FSR = Fachschaftsrat des PI (Pädagogischen Institut); der FSR nicht nur am PI wurde damals vom KB = Kommunistischer Bund dominiert). - Die damaligen sich "radikal" gebenden Kommunisten sind übrigens heute zum größten Teil verbürgerlicht + braver Bestandteil des Systems geworden). Heute würde ich mich mehr aufs Studium konzentrieren. Ein "guter Student" zu sein, bedeutet nicht unbedingt, zur Lernmaschine zu werden und im Alltag zu duckmäusern. Ich wäre "politisch" - würde aber nicht mehr anderen Studenten irgendwelche Diskus-sionen aufzwingen, die sie garnicht interessieren ... 
                                                                                      *RS* 
 Der Witz: "BILDUNG" einer terroristischen Vereinigung ... 

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