Mittwoch, 4. Mai 2011

Hadayatullah Hübsch : Berlin-Taxi (yesterday)


Im Januar 2010 schrieb mir H.H.: "mühsam tippe ich mit dem zeigefinger der linken hand buchstabe für buchstabe, denn ich habe mir vor zehn tagen den rechten oberarm gebrochen. dies nur als lebenszeichen. ich schreibe inschaallah persönlich und ausführlicher in ein paar wochen, wenn ich den rechten arm wieder einigermaßen bewegen kann. ..."
Hadayatullah legte dem Brief das folgende Gedicht bei, zu dem ich heute morgen ein Collage anfertigte:

Berlin-Taxi (yesterday)

In diesem hellen Winter
Hängen schwarze Monde über der Stadt,
Wir setzen die Nacht unter Feuer,
Du tratst hinter mich wie eine
In fremde Länder gekleidete Frau,
Ich zerfurchte meine Stirn mit dem Saphir,
Den ich in einer Holzkiste neben dem
Kohleofen im Haus Waldfriede aufgestöbert
Hatte, dein Lächeln wurde hart,
Als ich versuchte, das Licht der
Gewaltsamen Liebe anzudrehen,
Dann zersplitterte mein inneres Auge,
Sterne fielen in den Wann-See,
Ich parkte meine Haut in einem billigen
Milchmädchenkaffee, die Zeitungen
Von Morgen rochen wie Maggi-Würfel,
Ich sah aus dem Spiegel wie ein Vampir,
Traurige Lieder flossen über
Die Kreuzungen der Schneestraßen,
Ich plünderte die Blumengeschäfte und
Schenkte verletzten, entsetzten
Verkäuferinnen mit gehetztem Blick meinen Paß.

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