Und noch ein Buch las ich in den letzten Tagen. „Fellini über Fellini“ enthält ein sehr
ausführ-liches Interview, das Giovanni Grazzini Anfang der 80-er Jahre mit dem
1993 verstorbenen Regisseur führte. Spannend und faszinierend, mitunter
(selten) etwas störrisch erzählt Fellini über seinen Werdegang. Die Aufzeichnungen sind untertitelt mit „Ein intimes Gespräch“, und so kommt mir
das, was Fellini von sich preisgibt, auch vor: intim. Dabei dreht sich alles um
das Medium Film. Kostbar und einzigartig macht dieses Buch, daß es Fellinis
Erzählungen, Mei-nung, Beobachtungen usw. praktisch wortgetreu widergibt, d.h.
ohne literarisch zu feilen, zu korrigieren usw. ich hatte bisher ein sehr
unvollständiges bzw. falsches Bild von Fellini und habe bei der Lektüre einige
Male gestaunt, etwa bei seiner Meinung zur katholischen Kirche (S. 75): „Ich habe dir ja schon gesagt, daß sie mir
gefällt, und wie hätte ich mir auch eine andere Re-ligion aussuchen können, wo
ich doch in Italien geboren bin? Mir gefallen ihr Prunk, ihre unwan-delbaren,
hypnotischen Darbietungen und aufwendigen Inszenierungen, die düsteren Gesänge,
der Katechismus, die Papierwahl und der grandiose Pomp der Leichenbegräbnisse. Ich
bin dankbar für all die Beschädigungen, Obskuritäten und Tabus, die ein unermeßliches
dialektisches Material, die Voraussetzungen für belebende Rebellio-nen,
gebildet haben; und der Versuch, sich von all dem zu befreien, gibt dem Leben
einen Sinn.“ * Das Buch ist
großartig, das ganze Interview. Hier äußert sich ein souveräner Künstler, ein
Mann, der sein Denken und Arbeiten nicht an potentiellen Geldgebern ausrichtet,
sondern an den Möglich-keiten und Notwendigkeiten, den Überra-schungen und dem
Alltag, den vielen kleinen und großen Anregungen und Inspiriertheiten, die das
Filmen auch bedeuten. Filmen heißt
auch Verantwortung übernehmen. *R.S.*
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