Samstag, 4. August 2012

Fellini über Fellini

Und noch ein Buch las ich in den letzten Tagen. „Fellini über Fellini“ enthält ein sehr ausführ-liches Interview, das Giovanni Grazzini Anfang der 80-er Jahre mit dem 1993 verstorbenen Regisseur führte. Spannend und faszinierend, mitunter (selten) etwas störrisch erzählt Fellini über seinen Werdegang.  Die Aufzeichnungen sind untertitelt mit „Ein intimes Gespräch“, und so kommt mir das, was Fellini von sich preisgibt, auch vor: intim. Dabei dreht sich alles um das Medium Film. Kostbar und einzigartig macht dieses Buch, daß es Fellinis Erzählungen, Mei-nung, Beobachtungen usw. praktisch wortgetreu widergibt, d.h. ohne literarisch zu feilen, zu korrigieren usw. ich hatte bisher ein sehr unvollständiges bzw. falsches Bild von Fellini und habe bei der Lektüre einige Male gestaunt, etwa bei seiner Meinung zur katholischen Kirche (S. 75): „Ich habe dir ja schon gesagt, daß sie mir gefällt, und wie hätte ich mir auch eine andere Re-ligion aussuchen können, wo ich doch in Italien geboren bin? Mir gefallen ihr Prunk, ihre unwan-delbaren, hypnotischen Darbietungen und aufwendigen Inszenierungen, die düsteren Gesänge, der Katechismus, die Papierwahl und der grandiose Pomp der Leichenbegräbnisse. Ich bin dankbar für all die Beschädigungen, Obskuritäten und Tabus, die ein unermeßliches dialektisches Material, die Voraussetzungen für belebende Rebellio-nen, gebildet haben; und der Versuch, sich von all dem zu befreien, gibt dem Leben einen Sinn.“  * Das Buch ist großartig, das ganze Interview. Hier äußert sich ein souveräner Künstler, ein Mann, der sein Denken und Arbeiten nicht an potentiellen Geldgebern ausrichtet, sondern an den Möglich-keiten und Notwendigkeiten, den Überra-schungen und dem Alltag, den vielen kleinen und großen Anregungen und Inspiriertheiten, die das Filmen auch bedeuten. Filmen heißt auch Verantwortung übernehmen.    *R.S.* 

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