In
der Süddeutschen Zeitung (SZ) erschien
vorletzte Woche ein Artikel mit der Überschrift „Explorie-re, Künstler!“ Es
ging darin um Kunstjargon(s) bzw. Schreiben über Kunst nach vorgegebenen
For-meln. Dies sei, so die These des SZ-Autors Peter Richter, in diesem Land seit Längerem nicht Ausnahme, sondern Regel: „Wer einen Text haben will, der nach 2012 klingt, verwendet am besten
die Verben „erforschen“, „analysieren“, „reflektieren“ und adressieren“, ein
paar kernige deutsche Sub-stantivierungen auf –ung, ... irgend etwas ... von am
besten Debord, Foucault, Deleuze ..., dann alles einmal ordentlich durchgendern
/“Rezipient_innen“), und fertig.“ Ich bin neidisch auf die SZ, den Autor
P.Richter und das Problem, das er andeutet. Es handelt sich da um ein Luxus-Problem,
scheint mir... – Ich lese seit etlichen Jahren Texte über die
Wilhelmsburger Kunst- und Kultur-Szene. Seit IBA und igs sich breit machen,
haben sich besagte Artikel explosionsartig vermehrt. Sprachlich gesehen erkenne ich keine Entwicklung, Steigerung,
Differenzierung bzgl. Genauigkeit in der Beschreibung und den Begriffen. Von
Wort-Erfindungen oder Geistesblitzen ganz zu schweigen. In diesem Stadtteil
werden, IBA hin, igs her, Kunst und Künstler und ihre Beurteilung auf den
sozialen Aspekt reduziert. Platter geht’s nicht. Wer sich „wohl“ verhält und
sich „sozial“ nach außen gibt, ist gut. Ästhetik "als solche" –damit meine ich einen Diskurs auf einem Niveau, das a
little bit Kunstverstand und eine gewisse Sprach-Kompetenz erfordert-
findet auf der Elb-Insel nicht statt. Es gibt hier genau zwei Kriterien, nach
denen Kunst und Künstler beurteilt werden. A): Was erfolgreich ist, ist gut.
B): Was sich „sozial“ gibt, ist gut. Die „Akademie
einer anderen Stadt“ versuchte in
eine andere Richtung zu gestalten bzw. zu diskutieren. Leider waren die beiden
Damen so karrierebeflissen und so krass mit gewissen Vorurteilen behaftet, daß sie es, trotz massivster Unterstützung durch
die IBA, nicht schaff-ten, von ihrem elitären Podest herunter zu kommen und
Impulse von Wilhelsmburgern aufzunehmen, die einiges besser wissen als
sie. In Wilhelmsburger Medien ist
schablonisierte Sprache nicht Ausnahme, sondern Regel. Sie wird ohne Humor wie auch
ohne Ironie verwendet, als Pflichtübung halt, mit der dann (ohne daß sich
irgendwer die Mühe machte, einmal darüber nachzudenken) angeblich „die
Realität“ dargestellt wird. * In den letzten Wochen brachten das Wilhelmsburger Wochenblatt wie auch der Neue Ruf wieder unzählige, zumeist total
einseitige Artikel über IBA und igs. Angeblich liegen „alle Arbeiten“ „voll im Zeitplan“
behauptet der Neue Ruf. Dazu
kann ich nur anmerken: Die Umbaumaßnahmen bei dem am Veringkanal gelegenen und
für die Künstler-Community vorgesehenen Gebäude, das lt. IBA spätestens im
Frühjahr 2012 bezugsfertig sein wollte, haben noch nicht einmal begonnen. Ich erblicke in solchen Artikeln Gefälligkeits-Journalismus. Kritik, und sei sie noch so berechtigt, wird einfach
ausgeblendet wird. Es geht um den PR-Effekt - nicht um Wahrheit. Die Künstlerin Maren Fiebig wurde mehrfach mit Artikeln
bedacht. Sie betreibt das Insel-Atelier im Laurens Janssen-Haus. Zur Eröffnung
kam sogar der Wilhelmsburger SPD-Chef Metin Hakverdi, um sich mit der Künstlerin und weiteren SPD’lern ablichten
zu lassen. Maren Fiebig passt gut ins taktische Kalkül. Ihre Kunst ist
„sozial“. Im Insel-Atelier können sowohl behinderte wie nicht-behinderte
Menschen kreativ werden. Auf den Bildern kann man „etwas erkennen“, ja Dinge
bzw. Gegenstände identifizieren. Dieser Realismus mit sozialer Komponente kommt
gut an. Vor allem läßt sich diese Art
Kunst gut instrumentalisieren, sprich: vor politische Karren spannen. Und Geld
aus irgendwelchen Töpfen gibts sicher auch. SPD, Wochenblatt und Neuer Ruf
arbeiten Hand in Hand. So wird Kulturarbeit kalkulierbar. Daß es hier um Macht geht und die „Kunst“
instrumentalisiert wird – wer will das schon so genau wissen! Meine
Prognose: 2013, spätestens 2014 wird
Maren Fiebig einen Kunst-Preis erhalten. Preise sind ein gutes Mittel, Künstler im
Sinne von political correctness kalt
zu stellen und zu erziehen. --- Von
denen, die hier antraten, es ANDERS zu machen, ist seit längerem nichts mehr zu
hören und zu sehen. Der Anspruch der WCW-gallery
(Mokrystraße) besteht oder bestand zumindest darin, Kunst NICHT nach den
gängigen, schablonisierten und am „Sozialen“ angeschmiegten Kriterien zu
„machen“ bzw. zu propagieren. * Nächstes
Jahr soll es, zu den Höhepunkten von IBA und igs, wieder einiges an
Kunst&Kultur geben. Die igs verpflichtete eigens eine Kuratorin. NA und?? Ich sage:
Wilhelmsburg ist, was Kunst und Kultur betrifft, tiefste Provinz. In der Medienlandschaft finden sich keine
Hinweise darauf, daß dies anders werden könnte. Hier grassiert ein
Journalismus, dem es allein um Image-Pflege und die eigene Karriere geht.
Gefälligkeits-Journalismus halt. * Gerne lese ich ab und an die SZ. Das
intellektuelle Niveau ist überaus beachtlich. Ich sehe, was Journalismus AUCH
sein könnte. *R.S.*
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