Momentan gibt es nicht nur die Internationale Bauausstellung in HH, sondern zeitgleich auch die IBA Fürst Pückler Land (Brandenburg), und die IBA Stadtumbau (Sachsen-Anhalt). Für 2020 ist eine länderübergreifende IBA Basel (Deutschland, Schweiz, Frankreich) geplant. Intensiv angedacht werden außerdem eine IBA Berlin (die dritte!), eine IBA Frankfurt Rhein-Main und eine IBA Heidelberg ("Wissenschafts-Region Rhein-Neckar"). Mit anderen Worten: Das ursprünglich besondere Format IBA (von 1901 - 1957 gab es gerade mal 3 Internationale Bauausstellungen) wird inflationär ausgeweitet. Uli Hellweg, Hamburger Geschäftsführer, der 2007 erstmals ein "Labor" "IBA meets IBA" initiierte, sieht die Gefahr einer Anhäufung von IBen: "bedroht von einer Überforderung ihrer Ansprüche, von thematischer Beliebigkeit oder auch von medialer Nichtbeachtung" (S. 10). Da aber bereits erhebliche Mittel in die an-gedachten Großereignisse investiert wurden, ist nicht davon auszugehen, daß diese Vorhaben gestoppt werden. Zudem die Ausweitung auf das benachbarte Ausland erst recht den Ehrgeiz und die Profilierungssucht maßgeblicher Politiker wie auch Architekten und Landschaftsplaner angestachelt wird. Die Chance, die Marke "IBA" grenzüberschreitend aufzublasen, dürfte, trotz warnender Stimmen, in den nächsten Jahren weitgehende Resonanz in Germoney finden. Davon gehen offensichtlich auch die Hamburger Verantwortlichen aus, die nicht ohne Grund die Text-Sammlung zweisprachig (englisch/deutsch) drucken ließen. *
Das 128 S. starke Buch enthält, neben Beiträgen diverser Fachleute aus dem In- und Ausland, auch ein "Memorandum zur Zukunft internationaler Bauausstellungen". Darin werden explizit "10 Empfehlungen zur Durchführung ..." formuliert. Mir kommen erhebliche Zweifel, ob diese Formulierungen das Papier wert sind, auf dem gedruckt wurden. Im "Memorandum"-Kapitel (S. 66-73) lese ich: "In jeder IBA ist die Qualität an jedem einzelnen Projekt zu überprüfen ..." (S. 71). Eine Seite weiter heißt es: "Die Durchführung einer IBA ist eine Selbstverpflichtung zu Qualität". Es ist zum Lachen. Ich führte von 2007 bis 2008 ein Jahr lang mit erheblichem Aufwand die von der IBA finanzierte "Wilhelmsburger Busgalerie" durch. Obwohl dort einiges auch schief ging, gab es zum Ende des Projekts keinerlei Aufbereitung in Form eines Gesprächs oder wie auch immer seitens der IBA. Kein Sterbenswörtchen war das Projekt, dem Frau Theis anfangs noch großspurig "Modell-Charakter" bescheinigte, den Verantwortlichen mehr wert. Ähnliches gilt für andere Projekte anderer Künstler. Nicht daß die IBA nicht bewertet ... DAS tut sie ständig. Etwa indem die "Busgalerie" in dem Buch "Kreativität trifft IBA" totgeschwie-gen wird. Gleiches gilt für die Wanderausstellung des "KWW", mit offizieller Trägerschaft des Kunstbüro Wilhelmsburg - siehe frühere Blogs. Und dies, obwohl ich eine mehrseitige, äußerst detaillierte Beschreibung und (kritische) Qualitäts-Prüfung an die IBA schickte. Dies macht einmal mehr deutlich: Die IBA Hamburg instrumentalisiert KünstlerInnen und Kultur-schaffende für ihre Zwecke, nimmt sie aber als Projekt-Partner nicht ernst. So gesehen ist die fromme Formulierung von der "Selbstverpflichtung zur Qua-lität" eine hohle Phrase. Man ahnt auch, weshalb: Die IBA Hamburg kritisiert nicht öffentlich, weil sie sich nicht in die Karten blicken lassen möchte. Auch deshalb, weil sie, umgekehrt, selber nicht kritisiert werden will. Qualität hat jedes Ding, jedes Projekt - fragt sich nur welche. Das Zurückhalten von Kriterien ist übrigens ein typisches Merkmal staatlicher Kulturförderung im Allgemeinen und von neueren neoliberalen Tendenzen im Besonderen. * ISBN 978-3-86859-073-9 *R.S.*
2 Kommentare:
Huch... ganz viele Zombies! Ein Blog-Eintrag von Ende Februar 2011, in dem steht, es gebe eine 2. IBA in Brandenburg und eine 3. in Sachsen-Anhalt? Und eine weitere in Frankfurt würde vorbereitet? Nix für ungut: die beiden IBAs im Osten endeten 2010 und die in Frankfurt wurde sogar schon 2009 abgesagt. Ein Blick ins Buch klärt auf: es ist ein Tagungsband - die Tagung fand im Juni 2009 statt. Seither ist viel passiert. Warum JETZT dieser Blog?
Das Buch erschien 2010 (Monat?) - ich las es erst jetzt; "nix für ungut": Die Tendenz, daß IBA inflationär wird, stimmt trotzdem. Und sie änderte sich auch nicht, wenn ich erst in einem Jahr darüber schreiben würde.
R.S.
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