Zunächst ein Blick ins Internet: Unter "Bernie Kelb" finde ich 8130 Ergebnisse. Die meisten (neueren Datums) beziehen sich auf sein Buch "Betriebsfibel", das erstmals 1971 im Wagen-bach-Verlag erschien. Auf der Homepage "syndikalismus.wordpress.com" lese ich "Wieder-herausgegeben: Die 'Betriebsfibel' für revolutionäre Betriebsarbeit von Bernie Kelb 15. April 2010". Angaben zur Person konnte ich nirgends finden. Dies paßt zu meiner kurzen Begegnung mit B.K. vor acht oder neun Jahren. Über den Kabarettisten Ulrich Reineking kam es zu einem Treffen mit Kelb, der zumindest damals in Bremen lebte. Er war in seinem ganzen Auftreten völlig sachbezogen, machte keinerlei Aufhebens um seine Person und (private) Geschichte. Er schenkte mir damals einen Karton mit 15 oder 20 Exemplaren von "Organisieren oder organisiert werden". Ich gab sie damals weiter - bis auf 2 Expl. Danach brach der Kontakt zu B.K. wieder ab. *
Das Buch trägt den Untertitel "Vorschläge für Genossen links unten", umfasst 96 Seiten und erschien als Taschenbuch bei Wagenbach (Nr. 39 in der Reihe "Politik"). Das Buch ist von einer klaren, präzisen Diktion; schnörkellos in der Sprache und gut verständlich geschrieben. Wenn es in den frühen 70-er Jahren so etwas wie eine Rezeptur gab für Genossen, die sich engagieren wollten für die Revolution, an die damals viele glaubten oder zumindest darauf hofften, dann dieser Reader. Die Tendenz ist unverkennbar anti-autoritär - in einer unaufgeregten, sich jeder Emotionalisierung enthaltenden Art. Aus heutiger Sicht wirkt natürlich vieles antiquiert: Durch das Ende des sog. "real existierenden Sozialismus" gab es grundlegende Änderungen in der gesamten linken Szene wie auch im gesellschaftlichen Überbau. Vom Begriff "Arbeiter-klasse" ging noch nicht der Mief des Abgestandenen, Überholten, Illusionären aus. Ähnliches gilt für Parteien und andere Organisationen, Initiativen, undogmatische Gruppierungen. Von daher weiß ich nicht, ob es sinnvoll wäre, das Buch wieder aufzulegen. Den Autor halte ich für so realistisch in der Einschätzung der heutigen Situation, daß ich annehme, daß er einer Neuauflage wohl nur mit Vorbehalten zustimmen würde. Möglicherweise müsste das ganze Buch oder zumindest einzelne Kapitel komplett umgeschrieben werden. Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß Bernie Kelb noch einmal dem Buch ein Wolf Biermann-Zitat voranstellen würde. Trotzdem - ich glaube sagen zu können: Gerade junge Menschen könnten "Organisieren oder organisiert werden" auch knapp 40 Jahre nach seinem Erscheinen mit einigem Gewinn lesen. Zumindest als Geschichtsbuch. * Auch das Buch enthält keinerlei biografischen Hinweis. B.K. müsste heute so um die 70 sein - falls er überhaupt noch unter den Lebenden weilt. * 1974 lag die Auflage bei 12.000 Exemplaren; vielleicht ist es antiquarisch zu erwerben. Für Interessenten: Eines der beiden in meinem Besitz befindlichen Expl. würde ich verschenken. *R.S.*
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